Nach mehreren Wochen der Verhandlung gibt es jetzt endlich eine Einigung beim Rettungspaket für die Lufthansa. Doch aktuell fehlt neben der Zustimmung der Aktionäre auch die der EU-Kommission, die die Rettung des Konzerns nur unter Auflagen genehmigen möchte.
Gerade schienen es noch gute Neuigkeiten, dass die Lufthansa und die Bundesregierung nun endlich eine Einigung in puncto Staatshilfe getroffen hatten. Doch die EU-Kommission lässt eine schwarze Wolke über diese Nachricht schweben, denn Berichten zufolge, möchte die Kommission der Rettung nur zustimmen, wenn die Lufthansa auf wertvolle Slots an den beiden Hubs verzichtet. Für die Lufthansa würde das mittelfristig für mehr Konkurrenz an den Drehkreuzen sorgen, wenngleich unklar ist, wer die Slots aktuell überhaupt übernehmen wollen würde.
Slot-Verzicht als Voraussetzung für das Rettungspaket
Bei dem Rettungspaket für die Lufthansa fehlt aktuell neben dem Votum der Aktionäre nur noch die Zustimmung der EU-Kommission, die wohl ein Grund dafür ist, dass die Einigung bereits so lange dauert. So wurde erst kürzlich ein fehlender Exit-Plan kritisiert, da Staatshilfen auch in Corona-Zeiten innerhalb weniger Jahre zurückgezahlt werden müssen. Die Rückzahlung des Lufthansa-Kredits soll laut übereinstimmenden Medienberichten allerdings erst Ende 2023 beginnen, eine Rückzahlung im Sinne der geltenden Regeln der Kommission wäre so wohl kaum zu schaffen.
Ebenfalls problematisch ist Tatsache, dass bei der Lufthansa ein neuer, starker Aktionär ins Unternehmen kommt und die EU den Fall deswegen unter “Mergers & Akquisition” führt. Da es sich dementsprechend um einen wettbewerbsrelevanten Fall handelt, müsste die Lufthansa entsprechende Zugeständnisse machen. Aus diesem Grund fordert die EU-Kommission hohe Auflagen, welche von der Regierung, insbesondere von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, scharf kritisiert werden. Die Forderungen seien “in diesem Zusammenhang sachfremd und schaden dem Luftverkehrsstandort Deutschland”. So soll es konkret um die Verteilung von Slots, also Start- und Landerechten gehen, wie die dpa erfahren hat. Wie viele Slots die Lufthansa nach Forderung der Kommission abgeben müsste, ist bislang nicht bekannt.
Forderung der EU-Kommission ist keineswegs unbegründet
Brüssel könnte es zu einer Voraussetzung machen, dass die größte deutsche Fluggesellschaft einige der wertvollen Slots abgibt, sodass andere Fluggesellschaften diese übernehmen können. Dabei geht es wohl vornehmlich um die Standorte Frankfurt und München, auf denen die Lufthansa zweifelsfrei marktbeherrschend ist. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat die von der Kommission geforderten Einschränkungen wenig überraschend kritisiert:
Wir müssen mit allen Mitteln versuchen, dass das wichtige internationale Luftverkehrsdrehkreuz Frankfurt nicht eingeschränkt wird und damit die Gefahr besteht, dass die Bedeutung für den Luftverkehr und die Wirtschaft eingeschränkt wird.
Auch von Angela Merkel soll es demnach kritische Stimmen gegenüber der EU-Einmischung geben. Gänzlich grundlos agiert die EU-Kommission gleichwohl nicht, denn die Lufthansa hat im Verhältnis zu anderen Fluggesellschaften eine besonders exponierte Stellung an ihren wichtigsten Hubs. Weder in Frankfurt noch in München gibt es auf den meisten Strecken ernsthaften Wettbewerb. In München etwa war Ryanair nie mit einer Basis vertreten, in Frankfurt versuchen die Iren es seit Kurzem zaghaft. Auch easyJet ist an beiden Flughäfen vergleichsweise klein – das ist ein krasser Kontrast zu Hubs anderer europäischer Airlines wie Air France oder British Airways, die zwar auch eine starke Stellung an ihrem Heimatflughafen haben, den Markt aber bei Weitem nicht so dominieren wie die Lufthansa es tut.
Gescheitert ist mögliche Konkurrenz an den beiden wichtigsten Flughäfen in Deutschland dabei auch immer wieder daran, dass die wertvollen Start- und Landerechte fast alle bei der Lufthansa liegen. Transavia etwa hatte einstmals einen Versuch gestartet, in München Fuß zu fassen, konnte allerdings meist nur suboptimale Flugzeugen bieten und hat sich nach verlustbringenden Jahren schnell zurückgezogen.
Fazit zu den Auflagen der EU-Kommission
Es ist erfreulich, dass der Bund und die Lufthansa endlich eine Einigung in puncto Staatshilfe gefunden haben. Gleichzeitig wird die EU-Kommission noch ein Wörtchen mitzureden haben und wohl versuchen, einige der Start- und Landerechte an Konkurrenten zu vergeben. Dass mehr Konkurrenz an den beiden Hubs der Lufthansa aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zweifelsfrei sinnvoll ist, steht dabei nicht infrage. Dennoch ist das Timing der Forderung seitens der Kommission sicherlich zumindest unglücklich, wurden doch andere Staatshilfen zuletzt ohne vergleichbare Auflagen genehmigt.