Die Deutsche Bahn und die Regierung Deutschlands bremsten bislang den Ausbau des für die Erreichung der Klimaziele so wichtigen internationalen Fernverkehrs erheblich aus.

Die Deutsche Bahn und die deutsche Regierung verhinderten jahrelang die Etablierung eines starken internationalen Fernverkehrs, der länderübergreifend ohne große Probleme funktionieren kann, wie die Tagesschau berichtet. Demnach stehen vor allem die problembehaftete Infrastruktur der Deutschen Bahn sowie die mangelnde Bereitschaft zur Umrüstung der hiesigen Technik, der Vision von effizientem Zugverkehr zwischen europäischen Monopolen und das Ersetzen von Kurzstreckenflügen durch diese im Weg. Wo sich Deutschland aktuell querstellt, zeigen wir Euch im Folgenden.

Die Vision von nachhaltiger paneuropäischer Mobilität

Nachtzüge wie jene von Deutschland nach Dänemark, Schweden, Norwegen oder aber nach Italien gibt es bereits. Die Deutsche Bahn trägt daran allerdings keinen Anteil mehr, denn diese zog sich bereits 2016 von diesem Markt zurück. Lediglich das Streckennetz verpachtet sie noch und genau dort findet sich ebenfalls der erste Problempunkt des Ausbaus von internationalen Bahnstrecken: die internationalen Standards. Die Deutsche Bahn ist nämlich ein Vorreiter im Ausbremsen und Blockieren ebendieser. Der Schluss: Die Infrastruktur der Deutschen Bahn verhindert aktuell eine Harmonisierung des europäischen Schienennetzes.

So ist beispielsweise die Bahnsteighöhe von 55 Zentimeter der Konsens vieler Staaten in Europa, hierzulande pocht man auf die vor allem an Fernverkehrsbahnhöfen vorherrschenden 76 Zentimeter. Doch auch bei den Betriebsmodalitäten der Lokomotiven gibt es gewaltige Unterschiede. Während man sich in vielen europäischen Ländern im Zuge der Vereinheitlichung auf 25 Kilovolt Spannung mit einer Frequenz von 50 Hertz geeinigt hat, besteht man in Deutschland auf einen historisch legitimierten Wechselstrom mit 15 Kilovolt und 16,7 Hertz.

Die unzureichende Anpassung der deutschen Bahninfrastruktur an internationale Standards bremst den Fernreise- und Nachtzugverkehr in ganz Europa aus.

Ludwig Lindner, Studienautor & Sprecher von Bahn für Alle

Die Deutsche Bahn hingegen weist die Vorwürfe, dass diese beiden Faktoren in Zusammenhang mit der Behinderung des Ausbaus des paneuropäischen Schienennetzes stünden. Im Gegenteil verweist man auf Multisystemloks, welche sich verschiedenen Spannungen und Frequenzen sowie auch Bahnsteighöhen anpassen kann. Das Problem bei dieser Art von Lok besteht allerdings darin, dass diese den Bahnverkehr langfristig verteuern und verkomplizieren. Sie sind erheblich kostspieliger in der Herstellung und Unterhaltung als reguläre Triebwagen, sodass sich die Frage stellt, ob es nicht sinnvoll wäre, jetzt Ressourcen zu investieren und die Hindernisse gänzlich aus dem Weg zu schaffen, als sich für immer den teuren Mehrsystemloks und einem Wirrwarr der Schienennetzmodalitäten zu verschreiben.

Auch bei der Sicherheit ein Schlusslicht

Im Zuge der Festsetzung eines einheitlichen Zugsicherungsverfahrens wurde sich auf die Angleichung von Regelwerken und Signalsystemen geeinigt. Dies soll mithilfe des Ausbaus vom sogenannten European Train Control System (ECTS) passieren. Wie auch an anderer Stelle ist dies in vielen europäischen Staaten bereits der Standard; Länder wie Luxemburg oder die Schweiz haben bereits ihr gesamtes Schienennetz umgestellt, Norwegen, Dänemark und Belgien werden die Umrüstung vermutlich sehr viel schneller als Deutschland bewerkstelligen.

Was wir dringend brauchen, ist eine einheitliche europaweite Zulassung von Reisezugwagen.

Josef Doppelbauer, Leitender Direktor der Europäischen Eisenbahnagentur

Hierzulande sind gerade einmal 406 der 16.000 Streckenkilometer – circa die Hälfte des gesamten Bahnnetzes, das sich in der Hand der Deutschen Bahn befindet – auf das neue ECTS-System umgerüstet. Doch auch damit nehmen die Missstände noch kein Ende, denn der Europäischen Eisenbahnagentur sind auch die aufwendigen Genehmigungsverfahren in Deutschland hinsichtlich des Personenverkehrs ein Dorn im Auge. Dass Reisezugwagen im Gegensatz zu Güterzügen noch immer die nationale Genehmigung in den jeweiligen Ländern benötigen, mache laut dem Leitenden Direktor der Behörde die Zulassung zu kompliziert, teuer und langwierig.

Fazit zur deutschen Blockade der paneuropäischen Bahn-Vision

Der Ausbau der gesamteuropäischen Bahn-Infrastruktur geht nur schleppend voran, sodass man sich die Frage stellt, wo die Schwierigkeiten bei diesem Vorhaben liegen. In der Konsequenz stellte sich heraus, dass gerade Deutschland ein entscheidender Akteur bei der Verlangsamung und Blockade der Vision von nachhaltiger und international flächenübergreifender Mobilität in Europa ist.

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autor

Sandro ist Content Editor und seit Januar 2022 bei reisetopia tätig. Seitdem er mit nur einem Jahr seinen ersten Langstreckenflug antrat und danach 6 Jahre lang im Ausland aufwuchs, war er von Reisen begeistert. Heute versorgt er Euch vor allem am Wochenende mit interessanten Inhalten.

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.