Der deutsche Reiseveranstalter Fit Reisen möchte Kunden für mehrwöchige Gesundheitsurlaube gewinnen – und wirbt in diesem Kontext mit der Möglichkeit auf Impftermine in ausgewählten Urlaubsdestinationen. Obwohl diese Reisen aktuell noch nicht buchbar sind, werden zunehmend kritische Stimmen aus nationalen Politikerkreisen laut. Ein Überblick.
Zuerst hatte das Fachmagazin reisevorneun berichtet. Demnach sorge ein ähnliches Konzept des österreichischen Verlegers Christian Mucha auch in unserem Nachbarland bereits für scharfe Kritik.
Kunden sollen Impfdosen der jeweiligen Destinationen erhalten
Der deutsche Reiseveranstalter Fit Reisen steht für ein noch nicht lanciertes Angebot in der Kritik, dass Kunden im Rahmen mehrwöchiger “Gesundheits- und Erholungsurlaube (…) die Möglichkeit” geben soll, sich “im Rahmen von separaten Arztterminen gegen das Coronavirus impfen zu lassen”. Als Voraussetzung für ein solches Angebot müssten behördliche Genehmigungen erst noch eingeholt werden, wie der Veranstalter beteuert. Interessierte könnten den Veranstalter allerdings schon jetzt unverbindlich kontaktieren und sich gegebenenfalls über künftige Angebote informieren.
In wenigen Wochen werden erste Länder wie Israel und die Arabischen Emirate ihre Bevölkerung weitestgehend geimpft haben. Da sie deutlich mehr Impfstoff bestellt haben, als sie für die eigene Bevölkerung benötigen, die Impfdosen jedoch nicht in andere Länder exportiert werden dürfen, möchten sie Personen aus anderen Ländern im eigenen Land helfen.
Fit Reisen
“Unser Ziel ist es, dass möglichst bald möglichst viele Personen geschützt sind, und dies nicht zulasten anderer Personengruppen erfolgt”. Mit diesen Worten umschreibt der Veranstalter das von ihm lancierte Konzept, nach welchem Kunden einen Anspruch auf überschüssige Impfstoffe aus denjenigen Ländern erhalten, deren Bevölkerung bereits “weitestgehend” durchgeimpft ist. Fit Reisen steht mit diesen Ankündigungen schon jetzt in scharfer Kritik; mediale und politische Stimmen werfen dem Veranstalter die Gründung eines unethischen Geschäftsmodells vor. Der WDR beispielsweise zitierte schon Ende der vergangenen Wochen den SPD-Politiker Karl Lauterbach mit der Aussage, Konzepte zu sogenannten Impfreisen seien äußerst “problematisch”.
Israel verweigert Impfungen für Touristen
In oben beschriebenem Konzept verweist der Veranstalter nun auf konkrete Urlaubsdestinationen, deren Bevölkerung beide Impfdosen bereits zu großen Teilen erhalten habe – beispielsweise Israel. Ende der vergangenen Woche reagierte das israelische Verkehrsbüro “als Vertreter des Ministeriums für Tourismus des Staates Israel” auf diese Idee mit der ausdrücklichen Betonung, man habe aktuell “keine Möglichkeiten für Touristen”, sich “in Israel impfen zu lassen”. Impfreisen würden nach dem beschriebenen Konzept ausdrücklich nicht angeboten. Beistand erhielt das Verkehrsbüro zudem von der Direktorin des Staatlichen Israelischen Verkehrsbüros für Deutschland, Österreich und der Schweiz, Ella Zack Solomon: Impfungen erhielten ausschließlich die Einwohner Israels.
Ähnliche Konzepte in Österreich und Großbritannien im Gespräch
Im benachbarten Österreich sorgt unterdessen der Vorstoß eines Verlegers für vergleichbare Debatten: Der Unternehmer Christian Mucha plane dort als Herausgeber diverser Lifestylemagazine mithilfe des Slogans “First come. First go. Freedom for you” sogenannte Impfreisen ins europäische Ausland. Ein Beitrag der österreichischen Tageszeitung Der Standard berichtet in diesem Kontext von Urlaubsreisen zum Beispiel nach Serbien, die ab ca. 3000 Euro buchbar werden sollen – inklusive Flugticket und Einmal-Impfung.
Diese Impfstoffe zur einmaligen Nutzung sind in der Europäischen Union bislang nicht zugelassen; der Veranstalter plane demnach bereits mit russischen oder auch chinesischen Alternativen. Wer sich im Rahmen einer Impfreise gleich zweimal impfen lassen möchte, müsste schon zwischen 6.000 und 8.000 Euro bereithalten – der Gesamtaufenthalt könnte hier bis zu 25.000 Euro kosten. Ähnliche Ansätze scheint es auch in Großbritannien zu geben: Die Reiseagentur Knightsbridge Circle soll hier bis zu 45.000 Euro für luxuriöse Impfreisen in die Vereinigten Arabischen Emirate verlangen, wie unter anderem die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet.
Fazit zur Debatte um geplante Impfreisen
Europäische Reiseveranstalter stehen für diverse Angebote zu sogenannten Impfreisen ins internationale Ausland aktuell scharf in der Kritik: Nach dem Konzept der Unternehmer sollten Kunden künftig “übrig gebliebene” Impfstoffe derjenigen Länder erhalten können, deren Bevölkerungen bereits zu großen Teilen geimpft worden ist. Die Veranstalter betonen in diesem Kontext zwar nachdrücklich, man wolle die Impfdosen fremder Länder auf keinen Fall “wegnehmen” und “dies nicht zulasten anderer Personengruppen” durchführen zu wollen. Inwiefern das Zugeständnis eines erkauften Impftermins – noch dazu mithilfe von Impfdosen eines fremden Staates – nicht zulasten anderer Personen fällt, scheint allerdings nicht nur in Politikerkreisen unklar. So titelt beispielsweise die FAZ in ihrem Beitrag zu Impfreisen mit der Überschrift “Kauf dich angstfrei”. Ob sich ein derart unmoralisches Geschäftsmodell tatsächlich durchsetzen wird, bleibt also ohnehin fragwürdig.
Wie steht Ihr zu den Konzepten einer Impfreise? Würdet Ihr ein solches Angebot nutzen, sollte es tatsächlich buchbar werden? Teilt Eure Meinung mit uns und der Community in den Kommentaren oder hinterlasst uns eine Nachricht unter redaktion@reisetopia.de!