Boeing bereitet sich Berichten zufolge darauf vor, das Debüt seines neuen Langstreckenflugzeugs 777X um bis zu einem Jahr zu verschieben, da die Nachfrage nach dem großen Verkehrsflugzeug immer noch nicht zufriedenstellend sei, so Medienberichte.
Die 777X hatte einen unruhigen Entwicklungsprozess, der von Problemen nur so geplagt war, die unter anderem die Triebwerke betrafen, die die Flugerprobung im Jahr 2020 verzögerten, hinzu kam ein fehlgeschlagener Belastungstest im vergangenen September. Das Flugzeug flog zum ersten Mal im Januar, aber selbst vor der COVID-19-Pandemie schien es unwahrscheinlich, dass Boeing mit den Auslieferungen vor 2021 beginnen würde.
Aktuelle Marktbedingungen verzögern Auslieferungen
Die sinkende Nachfrage nach großen, international ausgerichteten Flugzeugen in Verbindung mit einem wahrscheinlich langwierigen Zertifizierungsverfahren wird offenbar die ersten Auslieferungen bis mindestens 2022 hinauszögern. Die Nachrichtenagentur “Reuters” berichtete am Freitag, dass Boeing bereits nächste Woche im Rahmen des vierteljährlichen Gewinnberichts des Unternehmens ankündigen könnte, dass sich das Debüt der 777X aufgrund der aktuellen Marktbedingungen und anderer Probleme verzögern wird.
Der Bericht deckt sich mit Kommentaren eines Emirates-Mitarbeiter von Anfang des Monats. Adel Al Redha, Chief Operating Officer von Emirates, erklärte, dass die Golf-Airline nicht damit rechne die 777X wie geplant 2021 in Empfang zu nehmen und erwäge inzwischen sogar, einige der bestellten Flugzeuge gegen kleinere 787 Dreamliner auszutauschen. Damit verzögern sich natürlich auch die Auslieferungen des Zweistrahlers an die Lufthansa und somit auch die Einführung der heiß erwarteten neuen Business Class des Kranichs. Die Lufthansa zeigte sich bis zuletzt optimistisch ob einer Auslieferung im kommenden Jahr. Diesen Hoffnungen dürfte der US-amerikanische Flugzeugbauer nun einen Strich durch die Rechnung gemacht haben.
Umwandlung in 787-Order wäre herber Rückschlag
Der Verlust, beziehungsweise die Umwandlung auch nur eines Teils des Auftrags von Emirates wäre ein schwerer Schlag für Boeing. Emirates hat derzeit 115 777X-Jets bestellt, ein wesentlicher Teil des Auftragsbestands von insgesamt nur bisher georderten 309 Flugzeugen. Da die Fluggesellschaften jedoch damit rechnen, dass der internationale Reiseverkehr Jahre brauchen wird, um sich wieder zu erholen, hat eine große Flotte großer Flugzeuge wahrscheinlich keine Priorität.
Die Verspätung würde es Boeing allerdings ermöglichen Zeit zu gewinnen, in der Hoffnung auf eine schnellere Erholung des Marktes als erwartet, was zur Ankurbelung der Nachfrage beitragen könnte. Boeing kämpft sich durch Probleme im gesamten kommerziellen Produktportfolio des US-Flugzeugbauers. Das Unternehmen hat eine Flut von neuen Flugzeugen, die hergestellt, aber noch nicht ausgeliefert wurden, und beabsichtigt, die Produktionsraten bis 2021 zu senken, um den Lagerbestand zu verringern.
Fazit zur Verspätung der 777X
Vor der Pandemie hatte Boeing mit dem Verkauf von Dreamlinern und anderen Großflugzeugen gerechnet, um Geld zu verdienen, während das Unternehmen die Probleme mit der 737 MAX abarbeiten kann. Doch angesichts der sinkenden Gesamtnachfrage nach Flugzeugen aller Größen wird es Boeing schwer fallen, den eigenen Barmittelverbrauch schnell einzudämmen. Ärgerlich ist die wahrscheinliche Verspätung der 777X natürlich besonders für Emirates und die Lufthansa, wo wir demnach noch deutlich länger auf den neuen Langstreckenjet und somit die neue – und für den Kranich revolutionäre – Business Class warten müssen.