Trotz Reisewarnung Urlaub gebucht: Ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen muss trotz Stornierung vollen Preis an den Reiseveranstalter zahlen.

Wer trotz offizieller Reisewarnung eine Reise bucht, hat keinen Anspruch auf Erstattung der Anzahlung, wenn er dann wegen bereits absehbarer Einschränkungen doch storniert. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe im Fall eines Ehepaares entschieden, welches eine Pauschalreise in die Dominikanische Republik gebucht hatte. Wie fvw berichtet, wurde am Montag das Urteil veröffentlicht: Wenn solche Risiken bereits bei der Buchung vorhanden oder zumindest absehbar waren, ist der Antritt des Urlaubs zumutbar – oder anderenfalls eine Entschädigung zu leisten (Aktenzeichen: X ZR 103/22). In einem Urteil zu Fluggastrechten hat der Europäische Gerichtshof hingegen gegen eine Airline entschieden. In einer Klage gegen die Fluggesellschaft LATAM Airlines konnte eine Entschädigung in Höhe von 400 Euro gefordert werden.

Kurz vor Reiseantritt: Ehepaar will nicht fliegen und Geld zurück

Obwohl das Auswärtige Amt wegen der Corona-Pandemie bereits von Reisen in die Dominikanische Republik gewarnt hatte, buchte ein Ehepaar im September 2020 eine Pauschalreise dorthin. Als Anzahlung wurde eine Summe von 1.540 Euro an den Reiseveranstalter überwiesen. Etwa eine Woche vor dem geplanten Hinflug im März 2021 wollte das Paar dann unter Berufung der zu der Zeit bestehenden Pandemie von der Reise zurücktreten und hat das gezahlte Geld zurückgefordert. Der Reiseveranstalter lehnte dies jedoch ab und forderte stattdessen den vollen Restbetrag von weiteren 5.775 Euro an.

Daraufhin zog das Ehepaar vor Gericht und bezog sich auf die drohende Überlastung des Gesundheitssystems, die geltende Maskenpflicht sowie auf nächtliche Ausgangssperren und weiterer Hygienemaßnahmen. Jedoch scheiterten sie auch vor dem BGH, da die Risiken dem Paar bei der Buchung bereits bekannt gewesen seien. Die Beeinträchtigungen waren laut BGH aufgrund der bestehenden Reisewarnung des Auswärtigen Amtes absehbar.

Einem Reisenden, der in einer solchen Situation eine Reise bucht, ist es in der Regel zumutbar, die Reise anzutreten, wenn die im Zeitpunkt der Buchung bestehenden oder absehbaren Risiken zum Zeitpunkt des Reisebeginns fortbestehen.

Urteil des BGH

Weiteres Urteil gegen LATAM Airlines

Auch ein weiterer Fall sorgt kürzlich für Aufmerksamkeit, wie ebenfalls fvw berichtet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Fluggesellschaften auch dann verpflichtet sind, Entschädigungen zu zahlen, wenn sie Passagieren mehr als zwei Wochen vor dem Flug mitteilen, dass sie sie nicht befördern werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Flug storniert wird oder nicht. Konkret handelt es sich bei dem Fall um eine Frau, die nicht in der Lage war, für Ihren Flug einzuchecken. Daraufhin wendet sie sich an die zuständige Fluggesellschaft LATAM Airlines, welche sie darüber informierte, dass die Frau ohne Vorankündigung auf einen Flug umgebucht wurde, der am Vortag stattfand. Zusätzlich wurde ihr mitgeteilt, dass ihre Buchung für den Rückflug, der mehr als zwei Wochen später geplant war, blockiert wurde, da sie den Hinflug nicht angetreten hatte. Infolgedessen forderte die Reisende eine Ausgleichszahlung aufgrund der Nichtbeförderung für den Rückflug.

Jedoch weigerte sich LATAM Airlines, die geforderte Entschädigung in Höhe von 400 Euro zu zahlen. Die chilenische Fluggesellschaft argumentierte, dass die Frau gar nicht nach Madrid gereist sei und somit auch nicht beim Check-in erfahren habe, dass ihr Flug storniert worden sei. Darauf hin bestätigte der EuGH auch, dass Flugreisende nicht physisch am Check-in-Schalter erscheinen müssen, um Anspruch auf Entschädigung zu haben. Die Entscheidung des Gerichts erleichtert Passagieren den Prozess und reduziert den Aufwand für Reisende, die von Nichtbeförderungen betroffen sind.

Das Erscheinen der Flugreisenden zur Abfertigung ist unter diesen Umständen nicht nur sinnlos, sondern auch mit einem erheblichen Anreiseaufwand für die betroffenen Flugreisenden verbunden. Der EuGH hat das erkannt und die Voraussetzung als bloße Förmelei als nicht notwendig angesehen.

Claudia Brosche, Fluggastrechtsexpertin bei Flightright

Fazit zum BGH-Urteil zu Buchungen bei Reisewarnungen

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat in einer neulich veröffentlichen Entscheidung am 19. September die Regeln für Reisewarnungen konkretisiert: Wer eine Reise bucht, obwohl bereits eine Reisewarnung vom Auswärtigen Amt besteht, hat danach keinen Anspruch darauf, dass der Reisepreis bei nicht antreten erstattet wird. Auch eine Entschädigung kann bei einer Pauschalreise vom Veranstalter gefordert werden. Der BGH erklärte, dass im Fall des Ehepaares kein Anspruch bestehe, weil die Risiken bereits zum Zeitpunkt der Buchung bekannt waren. Für Fluggäste gibt es jedoch auch gute Nachrichten, denn ein EuGH-Urteil bestätigt, dass Fluggäste auch bei mehr als 14 Tagen vor dem Flug informierter Nichtbeförderung Anspruch auf Entschädigung haben. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Verantwortung der Fluggesellschaften, auch in Fällen der Nichtbeförderung angemessene Entschädigungen zu leisten und erleichtert den Betroffenen den Prozess, ohne dass sie physisch am Flughafen erscheinen müssen.

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Autor

Anna Schulte ist als Duale Studentin seit September 2022 im reisetopia Content-Team tätig. Mit einer Ausbildung startete ihr beruflicher Weg in die Reisebranche und mittlerweile hält sie Euch mit aktuellen News des Reisealltags immer up to date.

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