Die Deutsche Bahn wird von der Krise rund um das Coronavirus hat getroffen. Der Konzern hat den höchsten Verlust in der Firmengeschichte verkündet – dennoch stehen die Zeichen auf Expansion.
Während die meisten Flugzeuge am Boden standen und die meisten Menschen von zu Hause gearbeitet haben, rollten die Züge der Bahn fast im Normaltakt weiter. Die Bahn präsentierte sich – wohl auch mit staatlichem Druck – während der Krise als Mobilitätsgarant. Die Züge fuhren sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr zwischen April und Juni lange großenteils leer durch das Land, mit entsprechenden finanziellen Folgen. Dass daraus im zweiten Quartal ein Rekordverlust geworden ist, dürfte niemanden wirklich überraschen – die Höhe der Verluste ist dennoch enorm.
3,7 Milliarden Euro Verlust im ersten Halbjahr 2020
Seit der Privatisierung und Gründung der heutigen Deutschen Bahn hat der Konzern in den meisten Jahren entweder Gewinne geschrieben oder leichte Verluste verzeichnet. Das ändert sich in 2020 jäh, denn allein im ersten Halbjahr 2020 hat die Bahn laut Angaben des Konzerns mehr als 3,7 Milliarden Euro verzeichnet – mehr als je zuvor. Grund dafür ist allerdings nicht nur der Betrieb in Deutschland, auch Abschreibungen spielen bei der Verlustrechnung eine große Rolle. Allein 1,4 Milliarden Euro hat die Bahn für ihre Auslandstochter Arriva abgeschrieben, die von der Krise ebenfalls schwer getroffen wurde und seit Jahren ein Problemkind ist.
Doch auch der reguläre Betrieb läuft für die Deutsche Bahn nicht viel besser. Das Unternehmen hat in der ersten Jahreshälfte vor Steuern und Zinszahlungen im operativen Geschäft 1,8 Milliarden Euro verloren. Hier schlagen besonders die schlechten Fahrgastzahlen in den Monaten der Pandemie zu buche. Bis heute werden die Züge bei Weitem nicht so frequent genutzt wie noch vor einigen Monaten. Dass die Verluste nicht noch höher ausgefallen sind, liegt allerdings auch daran, dass die Zahlen der Bahn sich primär auf den Fernverkehr beziehen. Sinkende Ticketeinnahmen im Nahverkehr sowie gekündigte Abonnements sind besonders für die Verkehrsverbände ein Problem, die wiederum die Bahn für die Bereitstellung der entsprechenden Züge bezahlen. Die Verluste für die Verkehrsbetriebe dürften sich ebenfalls auf einige Milliarden belaufen.
Bahn plant trotz düsterem Ausblick mit Expansion
Während Fluggesellschaften aufgrund der aktuellen Situation mit Existenzängsten kämpfen und mit einer auf Jahre kleineren Flotte planen, sieht es beim staatseigenen Betrieb ganz anders aus. Die Deutsche Bahn will in den nächsten Monaten weiter enorm expandieren und das Angebot ausweiten. Im ersten Halbjahr hat die Bahn beispielsweise mehr als 19.000 Zusagen an Bewerber verteilt und stockt das Personal damit weiter auf. Dazu kommen große Investitionen in die Flotte. In den letzten Monaten wurden erst neue EuroCity für Verbindungen von Berlin nach Amsterdam geordert, danach folgte die Übernahme von InterCity 2-Zügen von der österreichischen Westbahn, ehe sogar direkt nach der Krise auch noch eine große Order für neue ICE-Züge bekanntgegeben wurde.
Dabei ist der Ausblick der Bahn zumindest für die kommenden Monte mehr als durchwachsen. Bis Ende des Jahres rechnet die Bahn damit, dass der operative Verlust auf insgesamt 3,5 Milliarden Euro anwachsen wird. Das würde bedeuten, dass die Bahn im zweiten Quartal fast genauso viel Geld im operativen Geschäft verliert wie in den Hochmonaten der Pandemie. Das liegt primär daran, dass die Auslastung auch aktuell erst knapp die Hälfte dessen erreicht hat, was sie vor der Krise betragen hatte. Gestützt wird die Bahn mit ihrem unprofitablen Betrieb allerdings vom Bund, der zuletzt bereits eine Finanzspritze von fünf Milliarden Euro zugesichert. Die Nettofinanzschulden der Bahn sind allerdings dennoch bereits bedenklich hoch, aktuell stehen hier 27 Milliarden Euro zu buche.
Fazit zum Milliardenverlust der Bahn
Dass auch die Bahn in der Krise rund um das Coronavirus viel Geld verlieren würde, war zu erwarten. Der Konzern hatte auf Druck der Regierung das Angebot kaum reduziert, auch nicht zu Hochzeiten der Krise. Dass der Verlust allerdings gar so hoch ausfällt, war nicht von jedem Beobachter erwartet worden. Besonders bedenklich ist, dass die Zahlen für das zweite Halbjahr voraussichtlich nicht besser werden, womit die Bahn für den Steuerzahler auf absehbare Zeit ein Verlustgeschäft bleiben wird. Von den großen Plänen für einen Ausbau des Netzes lässt sich der Konzern dadurch aber nicht abbringen.