Die letzten Monate haben mit Blick auf Reisen viele positive Entwicklungen gebracht – doch nicht nur steigender Zahlen in Europa wegen könnte es mit der schönen neuen Freiheit bald wieder vorbei sein.
Nicht gerade wenige Reisefans werden den ersten 19 Jahren des Jahrtausends nachtrauern, denn wohl nie zuvor in der Geschichte der Menschheit gab es zum einen so viel Reisefreiheit und zum anderen so viele Möglichkeiten – immer mehr Flüge und immer weniger Barrieren bei der Einreise bedeuteten ein schier unglaubliches Freiheitsgefühl. Damit ist es seit dem Beginn der Pandemie vorbei – und das kleine wachsende Pflänzchen der neuen Reisefreiheit könnte schon bald nicht mehr blühen.
Auf einmal wieder in die große weite Welt
Doch blicken wir erst einmal zurück auf eine zuletzt positive Entwicklung. War es noch in der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020 nahezu unmöglich überhaupt zu verreisen, hat sich in den Monaten danach immer mehr getan. Der Sommer 2020 brachte zumindest in Europa ein großes Maß an Reisefreiheit, im Winter hießen dann zumindest einige beliebte Mittel- und Fernreiseziele weiterhin Urlauber willkommen. Gegolten hat das etwa für Dubai, die Malediven oder auch die Seychellen. Natürlich gab es hier und da gewisse Einschränkungen, etwa die Pflicht eines PCR-Tests vor der Einreise oder später einen Impfnachweis sowie teils zusätzlich weiterhin einen Test. Doch generell gilt seit nun mehr knapp einem Jahr: Zumindest innerhalb von Europa gibt es eine gewisse Reisefreiheit und auch ein paar weiter entfernte Ziele sind wieder in Reichweite.
Selbst die schlimme Welle des Coronavirus zwischen November und März konnte diese Entwicklung nicht wirklich bremsen, auch wenn gewisse Barrieren wieder hochgezogen wurden. Doch spätestens seit dem Sommer zeigt sich eine Entwicklung, mit welcher die Reisefreiheit in kleinen, aber doch relevanten Schritten zurückkehrt. In der Europäischen Union waren Reisen wieder fast problemlos möglich, besonders für diejenigen mit vollständiger Impfung. Doch auch weltweit zeigte sich zum Ende des Sommers und besonders im Herbst eine starke Entwicklung hin zu mehr Normalität. Erst mit großen Hürden wie bei der thailändischen “Sandbox”, dann mit weniger schwierigen Barrieren wie bei der Öffnung Kanadas im Oktober, der Vereinigten Staaten im November oder zuletzt auch weiteren südostasiatischen Ländern. Alles sah so aus, als würde es mit Blick auf die Reisefreiheit nur noch weiter in die richtige Richtung gehen.
Die Gefahr des gegenläufigen Dominoeffekts
Die letzten Tage haben deutlich gemacht, dass diese positive Entwicklung gleichzeitig auch eine gewisse Fragilität hat. Zwar gab es auch Meldungen über weitere Öffnungen, etwa der Philippinen, doch gleichzeitig zeigen sich auch wieder verstärkt gegenläufige Entwicklungen. Das können neue Barrieren sein, wie sie etwa Portugal mit einem zusätzlichen Testkriterium zur Impfung eingeführt hat. Es können aber auch gänzliche Einreiseverbote oder zumindest scharfe Quarantänebestimmungen sein, wie sie jetzt gerade Südafrika und andere Länder im südlichen Afrika treffen – wohlgemerkt mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen. Der Flugverkehr in diese Weltregion ist binnen Tagen mehr oder weniger zum Erliegen gekommen, noch vor Jahren wäre so etwas undenkbar gewesen.
Das Problem daran ist, dass sich innerhalb kürzester Zeit ein starker Dominoeffekt in die gegenläufige Richtung der Reisefreiheit zeigen könnte. So schnell wie aktuell haben die Staaten selbst in der zweiten Welle des Coronavirus nicht reagiert, als neue Varianten aufgetreten sind. Wenn also innerhalb von wenigen Stunden der Flugverkehr zu Südafrika eingestellt wird, weil Mutationen auftreten, besteht auch die Chance, dass andere Regionen schnell betroffen sein werden. Es ist zwar eher unwahrscheinlich, dass etwa die USA bei einer Ausbreitung der Mutation die Barrieren zu Europa wieder hochfahren würde, doch ausgeschlossen scheint in diesen Zeiten nichts mehr. Die zarte Pflanze der Reisefreiheit muss aktuell ohne Frage wieder mit starkem Gegenwind rechnen.
Auf einmal wieder Quarantäne für Geimpfte
Es geht aber längst nicht nur darum, was andere Länder machen. Vielmehr könnte auch in Deutschland die teils kuriose Sprunghaftigkeit der zweiten und dritten Welle zurückkehren, als im Wochentakt neue Länder auf die Risiko- und Hochrisikolisten des RKIs gesetzt wurden – nicht immer ganz nachvollziehbar mit Blick auf die Infektionsentwicklungen. Nun waren Geimpfte davon zuletzt nicht mehr betroffen, denn auf den RKI-Listen gab es auf einmal nur noch Risiko- und Hochrisikogebiete und keine Virusvariantengebiete mehr. Letztere können auch für Geimpfte eine Quarantäne bedeuten, was zwischenzeitlich etwa für Großbritannien, aber auch für Brasilien und Südafrika. Letzteres kehrt jetzt auf eben jene Liste zurück, allerdings wegen einer anderen Variante als vor einigen Monaten.
Galt für Geimpfte also, unabhängig davon, wo sie herkommen, in den letzten Monaten, dass eine Quarantäne nicht notwendig ist, dreht sich auch hier nun der Wind. Ab sofort heißt es 14 Tage zuhause bleiben für jeden, der aus Botsuana, Eswatini, Lesotho, Malawi, Mosambik, Namibia, Simbabwe oder Südafrika zurückkehrt. Zwar bleiben selbst Reisen in Länder mit hoher Inzidenz bis auf Weiteres quarantänefrei möglich, etwa nach Tschechien, doch ob es in den nächsten Wochen und Monaten nicht auf hier Änderungen geben kann, vermag wohl niemand zu versprechen. Zu dynamisch ist die Lage, was das Auftauchen der neuen Variante zusätzlich zum Hochschießen der Infektionszahlen in so vielen Ländern mehr als deutlich gemacht hat.
Schlussendlich bleibt zu hoffen, dass die neue Virusvariante sich als weniger problematisch herausstellt, als im ersten Moment gedacht und dass sich die Situation in Europa beruhigt. Sollte dem nicht so sein, könnte die Entwicklung hin zu einer Rückkehr zur Reisefreiheit je unterbrochen werden. Das wäre nach den Entwicklungen der letzten Monate zweifelsfrei traurig, denn zum Ende des Jahres 2021 sah es zumindest in dieser Hinsicht erstmals wieder so aus, als wäre eine gewisse “Normalität” für Reisen im neuen Jahr wieder im Bereich des Möglichen.