Wird der Sommer 2022 der Reisesommer schlechthin? Werden die Nachholeffekte nach zwei Coronajahren einsetzen oder bleiben die meisten noch zögerlich? Ein kleiner Ausblick auf die nächsten Wochen.

Sommerzeit bedeutet für viele Reisezeit. Wenn es hierzulande wärmer wird, zieht es die meisten in noch wärmere Gefilde. Nach zwei Pandemiejahren ist inzwischen kaum noch etwas von Einreisebeschränkungen und Co. zu spüren. Bereits um Ostern herum gab es eine große Nachfrage nach Reisen, doch mittlerweile sorgen gestiegene Energiepreise und die hohe Inflation für einige Unsicherheiten. Daher stellen wir uns die Frage, ob es in diesem Sommer zu einem Reiseboom kommen wird?

Wir leben nach dem “Prinzip Ketchupflasche”

Über zwei Jahre Corona haben ihre Spuren in der Reisewelt hinterlassen. Gerade viele ferne Destinationen, die einen Großteil ihres Bruttoinlandproduktes durch den Tourismus erwirtschaften, haben stark gelitten. Doch auch andere Akteure wie Airlines und Hotels mussten zurückstecken und konnten mitunter nur durch umfangreiche Hilfspakete am Leben bleiben.

In den letzten Wochen haben Airlines und Hotels wieder einen erheblichen Buchungsanstieg verzeichnen können, teilweise sogar so viel, dass die Kapazitäten knapp wurden. Die Lufthansa zum Beispiel beschafft sich aktuell immer mehr White Tails am Markt und auch andere Airlines schauen, wie sie mit der hohen Nachfrage umgehen sollen. In diesem Zusammenhang sagte Jens Bischof, der CEO von Eurowings einen Satz, den ich ziemlich passend fand. “Unser Buchungsanstieg folgt aktuell dem ‚Prinzip Ketchupflasche‘: Erst kommt lange nichts, dann alles auf einmal.” Genau so könnte die Reiselust für diesen Sommer aussehen – nach monatelanger Flaute sprudelt es aus den allermeisten nur so heraus und neue Orte wollen entdeckt werden. Zwei Jahre voller Verzicht sollen endlich abgehakt werden.

Die Osterzeit war ein erster Vorbote

Doch wie wird sie sein, die neue Reisewelt mit Nachfrage am Kapazitätslimit? Über Ostern konnten wir es bereits spüren, wie es sich anfühlt, wenn wieder mehr Menschen verreisen wollen. An den Destinationen selbst merkt man es noch nicht so stark, doch wer schnell wieder an die Grenzen der Kapazität kommt, sind die Transportunternehmen wie die Bahn oder Airlines und auch die Flughäfen. Die Bahn warnte bereits Tage vor den anstehenden Festlichkeiten vor überfüllten Zügen und riet ihren Kunden, an anderen Tagen zu reisen. Ohne Sitzplatzreservierung konnte man sich gut und gerne auf eine mehrstündige Reise im Stehen begeben. Auch an den Flughäfen mussten sich die Reisenden teils auf enorme Verspätungen einstellen. Der Personalmangel – bedingt durch Kürzungen während Coronazeiten, tat sein Übriges.

Jetzt im Sommer kommt ein weiterer Aspekt hinzu, der den Reiseboom begünstigen könnte: das Neun-Euro-Ticket. Auch, wenn es nur im Regionalverkehr einsetzbar ist, rechnen viele damit, dass es große Auswirkungen auf touristische Strecken haben wird. Gerade die Insel Sylt steht in dieser Debatte gerne im Zentrum, ähnlich wie damals bei der Einführung des Schönes-Wochenende-Tickets, befürchtet man auf der Insel im Norden, dass man überrannt wird. Ob sich nun wirklich unzählige Menschen aus dem Süden der Republik auf den Weg machen, um mit acht Umstiegen an die Nordsee zu gelangen, mag ich zu bezweifeln. Einen gewissen Effekt auf ausgewählte touristische Strecken wird es aber dennoch sicherlich haben.

Wachsende Unsicherheit und wirtschaftliche Lage

Doch, ob es tatsächlich zu diesem Reiseboom in den nächsten Wochen kommt, wird sich noch zeigen müssen, denn der Krieg in der Ukraine hat selbstverständlich auch seine Auswirkungen auf das Reiseverhalten. Natürlich sind die Auswirkungen, die der Krieg auf uns hierzulande hat, verglichen mit dem, was die Menschen vor Ort aushalten müssen, nicht der Rede wert – dennoch merkt man Veränderungen beim Reiseverhalten. Zum einen sind einige Routen durch Flugraumsperrungen nicht mehr ganz so einfach zu befliegen, vor allem wenn es in Richtung Asien geht. Zum anderen gibt es natürlich eine generellere Vorsicht, vor allem da andere Themen einfach mehr Relevanz haben als die eigene Reiseplanung.

Gleichzeitig spüren wir in vielen Bereichen des Lebens die Auswirkungen der Inflation. Güter des täglichen Bedarfs werden immer teurer und die Verbraucherstimmung ist im Keller. Die Zeit berichtete erst kürzlich, dass die Kauflust der Deutschen aktuell noch geringer ist als zu Zeiten des Corona-Lockdowns. Dies wirkt sich natürlich nicht nur auf den Einkauf von Waren und Konsumgütern aus, sondern auch auf die Reisebuchungen. Wenn alles teurer wird, wie viel soll man dann noch fürs Reisen ausgeben? Fragen, wie diese werden medial auch immer wieder aufgegriffen und es ist durchaus denkbar, dass der große Boom, wie er eigentlich in einer weitestgehend von Coronaeinschränkungen freien Zeit hätte vonstattengehen können, dadurch abgedämpft wird.

Ich selbst glaube, dass sich das Reiseverhalten wieder den Vor-Coronazeiten annähern wird. Verglichen zu den letzten beiden Jahren kann man sozusagen von einem Boom sprechen, wenn man es in einen größeren Kontext und einen längeren Vergleichszeitraum setzt, werden wir aber sicherlich keine allzu riesigen Sprünge sehen.

Wie sieht es bei Euch aus? Reist Ihr in diesem Sommer wieder mehr als noch in den letzten beiden Jahren?

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Autorin

Wenn Anna unterwegs ist, ist sie in ihrem Element. Selten ist sie mehr als ein paar Tage am selben Ort. Der nächste Kurztrip oder eine Fernreise stehen immer schon in ihrem Kalender. Nach ihrem Tourismus-Studium konnte sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen und teilt auf reisetopia.ch ihre Erfahrungen, Tipps und News aus der Reisewelt mit euch.

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