Seit dem Start der Coronapandemie sind die Diskussion, ob Fernreisen oder Europareisen attraktiver sind, deutlich zurückgegangen. Doch mit den aktuellen Veränderungen und den anstehenden Lockerungen, finden wir, dass man diese Diskussion wieder aufnehmen könnte.
In unserer pro/contra-Serie diskutieren zwei unserer Autoren im Artikel-Format über ein bestimmtes Thema. Die Themen reichen von aktuellen bis hin zu allgemeinen, wichtigen, oder einfach interessanten Themen, die uns – und hoffentlich auch Euch – derzeit bewegen. Jeder Autor übernimmt dabei entweder den Pro- oder den Contra-Part, je nachdem, welche Seite, beziehungsweise welche Meinung vertreten wird. In dieser Ausgabe von pro/contra beschäftigen sich Lena und Anna mit der Frage, ob Fernreisen oder Europareisen attraktiver sind. Dabei wird Lena den Fernreisen- und Anna den Europareisen-Part übernehmen und entsprechend der Meinungen versuchen, diese zu stützen. Wir freuen uns auch auf Eure Meinung. Was findet Ihr besser?
Fernreisen: neue Kulturen und ein richtiges Erlebnis
Vorab kann man schon mal sagen: im Gegensatz zu etwa Alex und Livias pro/contra Artikel über Züge als Ersatz für Inlandsflüge, gibt es hier kein wirkliches für oder gegen – ich liebe Europa und war gerade innerhalb der letzten zwei Jahre sehr gerne auf dem eigenen Kontinent unterwegs. Zugegebenermaßen habe ich sogar Europa ein bisschen mehr lieben gelernt und tolle Ecken entdeckt. Doch trotz allem würde ich mich fast immer für eine Fernreise entscheiden, wenn ich es müsste. Doch woran liegt das?
Für mich haben Fernreisen immer etwas Besonderes, denn normalerweise ist schon alleine das Flugerlebnis mit einer großen Maschine und einer langen Flugzeit etwas besonders, gerade, wenn man Business oder First Class fliegt. Darüber hinaus unternehme ich Fernreisen zumeist nicht unter zwei Wochen, eher in Richtung drei bis vier Wochen, womit die Vorfreude auf den Urlaub immer nochmal einen Ticken größer ist als bei einer kurzen Europareise. Doch das ist nicht alles, denn allen voran finde ich in der Ferne immer wieder neue kulturelle Highlights sowie Natur und Städte, die man in Europa so selten findet. Ich habe einen absoluten Entdeckerdrang und mag es auch mal einen Kulturschock zu erleben sowie einen ganz anderen Lebensstil kennenzulernen, den man sonst nur aus Dokumentationen oder Ähnlichem kennt. Klar, kann man auch in Europa auf komplett unterschiedliche Kulturen treffen, aber irgendwo in Indien, Südamerika oder der Karibik ist es dann halt doch anders als hier.
Weiterhin bin ich gerne in der Natur und wertschätze vor allem die Vielfalt derer in der Ferne. Egal ob es außergewöhnliche Tiere sind, die man in Europa einfach nicht in freier Wildbahn sehen kann, ein Dschungel, den es in dieser Art und Weise hier ebenso nicht gibt oder einzigartige Felsformationen: eine Fernreise beeindruckt mich eigentlich immer, während ich in Europa oftmals (leider) schon abgestumpft bin.
Ein weiterer Faktor ist für mich allerdings weiterhin wichtig: noch bin ich jung, die Zeitverschiebung macht mir wenig aus und ich kann allerlei erleben. Schon allein dieser Punkt spricht aktuell für mich, erstmal die Welt zu entdecken, um später entspannt durch Europa zu tingeln. Nur eine Sache macht mir Bauchschmerzen: das altbewährte Thema der Nachhaltigkeit, denn in Europa lässt es sich deutlich umweltfreundlicher Reisen.
Europareisen: Unglaubliche Vielfalt liegt so nah
Auch ich beginne meinen Teil ähnlich wie Lena – einen richtigen “Gewinner” kann es in dieser Debatte nicht geben. Zu viele gute Seiten bieten sowohl Fern- als auch Europareisen. Denke ich zurück, waren meine wohl eindrucksvollsten Reiseerlebnisse auf der Langstrecke. Doch müsste ich mich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden, wäre meine Antwort trotzdem Europa! Warum? Dies hat mehrere Gründe, auf die ich nun nach und nach eingehen möchte. Anfangen werde ich gleich mit dem von Lena zuletzt genannten Punkt der Nachhaltigkeit. In Europa hat man die Möglichkeit, viele tolle Orte mit dem Zug zu erreichen oder muss zumindest nicht stundenlang im Flieger sitzen. Während Zugreisen zunächst oft mit negativen Gedanken verbunden sind, habe ich im europäischen Bahnverkehr schon viel Gutes gesehen. Erst vor wenigen Tagen wurde ich wieder überrascht, wie angenehm der Zugverkehr zum Beispiel in Spanien ist. Auch mit einem Nachtzug nach Paris oder Verbindungen nach Kopenhagen oder Zürich habe ich in der Vergangenheit positive Erfahrungen machen können, ohne dafür ein Flugzeug betreten zu müssen.
Aber dies ist sicherlich nicht mein “Hauptargument” für Europareisen. Viel mehr ist es die unglaubliche Vielfalt unseres Kontinents. Pulsierende Metropolen, paradiesische Strände, atemberaubende Gebirgszüge – es gibt alles auf relativ kleinem Raum. Jedes Land, das man besucht, hat seinen eigenen Charme und bringt seine eigene Kultur und Geschichte mit. In Frankreich herrscht ein vollkommen anderes Lebensgefühl als in Dänemark, in Italien ein anderes als in Großbritannien. Und je mehr ich in Europa reise, desto mehr merke ich, was es alles zu entdecken gibt.
Denn die meisten Orte und Länder konnte ich in den letzten Jahren gleich mehrfach bereisen – ein weiterer Vorteil, dadurch dass alles so nah ist. Fernreisen würde ich persönlich nur ein bis zweimal zum selben Ort unternehmen. In Europa gibt es Länder, die habe ich so oft besucht, dass ich kaum mitzählen kann. Und damit will ich nicht sagen, dass ich keine neuen Länder kennenlernen möchte, sondern vielmehr, dass ich es so sehr schätze, immer neue Ecken mir bereits bekannter Länder und Städte zu erkunden.
Aktuell bin ich zum Beispiel in Spanien – ein Land, das ich bestimmt schon 15-mal besucht habe. Doch je länger ich hier bin, desto mehr bekomme ich das Gefühl, dass es noch so viel mehr zu entdecken gibt. Die Liste an Städten, die ich mir hier noch anschauen möchte, wird gefühlt immer länger. Wenn Spanien nun ein Fernreiseziel wäre, wäre ich sicherlich traurig, da dieser Wunsch unrealistisch sein könnte. Da sich innerhalb Europas aber auch Kurztrips anbieten, kann ich mir durchaus vorstellen, meine “Spanien-Bucketlist” in die Tat umzusetzen. Meiner Meinung nach geht es in Europa also viel einfacher, viele Länder von Grund auf kennenzulernen, einfach da man öfter die Möglichkeit hat, sie zu sehen. Vom ersten Besuch mit den typischen touristischen Aktivitäten wandeln sich einige Orte zu einem “hier kenne ich mich gut aus”-Gefühl, etwas, das ich so vor allem in Europa bisher erleben durfte.
Zu den genannten Punkten kommen dann natürlich auch noch ein paar praktische Gründe. Gerade innerhalb der EU beziehungsweise der Eurozone ist das Reisen so einfach wie nie. Man muss sich (wenn kein Corona wäre) keinerlei Gedanken um die Einreise, um Währungsumrechnung oder um das Mobilfunknetz machen – alles funktioniert wie gewohnt, nur eben an einem anderen Ort.
Fazit zur Diskussion um Fernreisen oder Europareisen
Europareisen und Fernreisen haben beide ihre Vorteile. Während der “Wow”-Effekt auf einer Fernreise zumeist größer ist, da Kultur, Klima und Landschaft so völlig anders sind, als das, was man kennt, überrascht Europa immer wieder mit neuen Orten und dem Vorteil der kurzen Wege. Zumeist sind Europareisen leichter und dementsprechend öfter umsetzbar. Auf der anderen Seite sind es gerade die Fernreisen, die bei vielen Menschen als “Once in a Lifetime”-Erlebnisse im Kopf bleiben. Daher sind wir beide in den nächsten Jahren auch sicher sowohl in Europa als auch in Fernzielen unterwegs. Wie sieht es bei Euch aus? Wohin verreist Ihr am liebsten?