Schnell von A nach B kommen ist für viele nicht nur im Alltag wichtig, sondern auch beim Reisen. Regionalflughäfen stellen dabei seit langer Zeit eine wichtige Ergänzung zur Infrastruktur dar. Doch machen die kleinen Airports in der heutigen Zeit & angesichts der großen Drehkreuze noch Sinn? Dieser Frage wollen wir uns mit Euch in der neusten pro/contra-Ausgabe stellen!

In unserer pro/contra-Serie diskutieren zwei unserer Autorinnen und Autoren im Artikel-Format über ein bestimmtes Thema. Die Themen reichen von aktuellen bis hin zu allgemeinen, wichtigen, oder einfach interessanten Themen, die uns – und hoffentlich auch Euch – derzeit bewegen. Jede Autorin und jeder Autor übernimmt dabei entweder den Pro- oder den Contra-Part, je nachdem, welche Seite, beziehungsweise welche Meinung vertreten wird. Heute geht es um ein bereits viel diskutiertes Thema: um die Sinnhaftigkeit der Regionalflughäfen in Deutschland. Dabei wird Julia den Pro- und Sonja den Contra-Part übernehmen.

Diskutiert im Anschluss gerne mit uns mit!

Pro – Regionalflughäfen essenziell für Infrastrukturnetz

Vor der Coronakrise brachen viele Flughäfen in Europa und international Jahr für Jahr ihre Passagierrekorde. Reisen, ob privat oder geschäftlich, gehören bei vielen Menschen zu einem wichtigen Part in ihrem Leben und da möchte man vor allem schnell von A nach B kommen. Wie könnte das schneller gehen als mit einem Flugzeug? Während das Fliegen in den Anfängen der Luftfahrt nur etwas für reiche und privilegierte Bürger war, lieferten sich die Billig-Airlines bis zur Coronakrise ein Rennen um die Dumpingpreise. So lockte Ryanair mit 10-Euro-Tickets. Aber auch die Lufthansa-Tochter Eurowings, die eher einen Premiumstatus besitzt, als easyjet und Ryanair, lockt online mit Tickets ab 19,99 Euro.

Internationales Drehkreuz Frankfurt am Main

Auch wenn die „Ära des 10-Euro-Tickets“ vorbei ist, wie der Ryanair-Vorstandschef Michael O‘Leary in einem Interview mit dem Radiosender BBC 4 erläutert, ist dieser sich sicher, dass Reisende angesichts der aktuellen Krise und steigender Kosten weiterhin nach günstigen Tarifen Ausschau halten werden. Doch die gestiegenen Treibstoffkosten, steigenden Lohnanforderungen und Co. müssen letztendlich auf die Passagiere verteilt werden. Dies hat in erster Linie nichts mit den Regionalflughäfen zu tun, doch es verdeutlicht, wie groß die Nachfrage nach Flügen ist und das vor allem auf nationaler Ebene. Denn günstige Tarife innerhalb Europas finden sich nach wie vor und können mit Alternativen, wie dem Auto oder der Bahn, nicht mithalten.

Regionalflughafen Rostock-Laage

Die Menschheit will gut erreichbar sein und eben schnell von A nach B kommen. In der heutigen Welt ist dies essenzieller denn je. Eine gute Erreichbarkeit und eine schnelle Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist mittlerweile kaum undenkbar. Traurigerweise gilt es nicht unbedingt für die Infrastruktur in Deutschland. Dies betrifft nicht nur Bus, Bahn oder das Straßenverkehrsnetz, sondern eben auch Flughäfen. Wer will schon zwei Stunden zum Flughafen fahren, um dort weitere zwei Stunden vor Abflug zu erscheinen, damit genügend Zeit für den Check-in und mögliche Warteschlangen an den Sicherheitskontrollen bleibt? Für einen Flug, der vielleicht nur zwei Stunden dauert?

Deutschland umfasst circa 38 größere Flughäfen, zu denen neben den Hauptverkehrsflughäfen, wie Frankfurt am Main, Hamburg, Düsseldorf, München, Berlin-Brandenburg und Köln/Bonn auch viele Regionalflughäfen, wie Rostock/Laage, Leipzig/Halle, Paderborn, Stuttgart, Frankfurt-Hahn und Memmingen gehören.

Schnelle & einfache Anbindung

Eines muss ich vorwegnehmen, auch wenn ich auf der Seite für die Regionalflughäfen stehe, ist mir der Umwelt-Aspekt und die Unwirtschaftlichkeit vieler dieser Airports durchaus bekannt – dennoch sind sie ein integraler Bestandteil der regionalen Wirtschaft. Sie bieten nicht nur Arbeitsplätze, sondern sichern auch die Logistik sowie die Beschaffung von Materialien, Lebensmitteln und sichern den Export.

Flughafen Stuttgart

Auch bin ich aus persönlicher Sicht mit dem Wegfall eines Flughafens in Verbindung gekommen. Als Berlinerin und Reinickendorferin vermisse ich den Flughafen Tegel schmerzlich. Zwar zählte Berlin-Tegel nicht zu den Regionalflughäfen, aber ohne Tegel und Tempelhof besitzt die Hauptstadt Deutschlands aus geografische Sicht keinen eigenen Flughafen mehr. Sicher, der BER gehört aus finanzieller Sicht ebenso dem Land Berlin, doch mit anderen Großstädten kann sich Berlin keinesfalls messen, wenn es um eine gute Infrastruktur geht. Auch spreche ich hier aus der Sicht einer viel und gern-reisenden. Es sollte somit nicht das Ziel sein, einem zweieinhalb stündigen Flug nach Spanien, beispielsweise eine fast doppelt so lange Anreisezeit zum Flughafen voraussetzen, nur weil es fast nur noch die größeren Drehkreuze gibt.

Tegel war ein wichtiges Drehkreuz für die Hauptstadt

Deutschland besitzt derzeit zwar noch viele Regionalflughäfen, durch die Coronakrise und dem Zusammenbruch des Tourismussektors und der Luftfahrtindustrie gerieten sie aber immer mehr in die Kritik. Ich halte sie dennoch für sinnvoll, auch wenn die Anbindungen teilweise doch zu wünschen übrig lassen. Regionalflughäfen sind nur so attraktiv für Passagiere, wie es ihr Angebot ist. Doch immer mehr Airlines sind in den vergangenen Jahren zu größeren Drehkreuzen abgewandert, wie Ryanair vom Flughafen Hahn nach Frankfurt am Main.

Mit einem besseren Netz und einem besseren Angebot, dass Regionalflughäfen auch für größere Fluggesellschaft wieder attraktiv macht, sehe ich hier nicht nur einen wichtigen, regionalen Wirtschaftsfaktor und einen guten Arbeitgeber, sondern auch eine attraktive Infrastruktur für die Region. So werden auch Reisen wieder mehr Menschen einfacher zugänglich gemacht. 

Breite Infrastruktur ist staatliche Aufgabe

Eine breit aufgestellte Infrastruktur ist also mehr als wichtig. Nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Bevölkerung. Dabei ist die Bereitstellung einer solchen Infrastruktur eine staatliche Aufgabe. Alleine von den Passagieren und den Gebühren können die Regionalflughäfen kaum „leben“, staatliche Zuschüsse sind für den Betrieb bei vielen dieser Airports also unumgänglich. Hinzukommt, dass, abgesehen von Memmingen und Weeze, alle Regionalflughäfen auch in staatlicher Hand sind.

Flughafen Paderborn-Lippstadt

Allerdings erlaubt die Europäische Union nur noch bis 2024 – also noch knapp etwas über ein Jahr – die Mitfinanzierung vonseiten des Staates durch Betriebsbeihilfen. Was geschieht dann? Zwar geht es mit der Luftfahrtindustrie nach zwei Jahren Coronakrise endlich wieder aufwärts, das Vorkrisenniveau hat die Branche allerdings noch nicht erreicht. Experten schätzen, dass es auf internationaler Ebene noch bis zu einem Jahr dauern kann. Harte Zeiten, vor allem für Regionalflughäfen, die ohnehin schon vor der Pandemie mit Verlusten zu rechnen hatten.

Doch was geschieht dann mit den Regionalflughäfen. Fallen diese weg, gibt es von den 38 Flughäfen in Deutschland nur noch eine handvoll. Und vor allem, was wäre die Alternative?

Ist die Deutsche Bahn wirklich eine Alternative?

Als Alternative zu Regionalflughäfen oft die Deutsche Bahn gesehen, die in meinen Augen aber keine wirklich sichere Option darstellt. Mit der Alternative der Bahn für Inlandsflüge konnten sich bereits unsere Kollegen Livia und Alex in einem pro und contra beschäftigen. Ich sehe dies ähnlich, wie Alex. Gerade mit Blick auf Zubringerflüge nach Frankfurt oder München oder in unsere Nachbarländer sind Verbindungen auf Pünktlichkeit angewiesen. Es sollte nicht einzig und allein bei Touristen liegen, mehrere Stunden für den Transfer und Umsteigezeiten einzuplanen nur, damit man seinen Anschluss pünktlich erreicht. Mit Regionalflughäfen kann das innerdeutsche Angebot nicht nur ausgebaut werden, größere Drehkreuze könnten durch ein erweitertes, europäisches Angebot insbesondere zu den Ferienzeiten entlastet werden.

Sommer-Chaos am Flughafen Düsseldorf

Denn das Sommer-Chaos in diesem Jahr hat uns einmal mehr gezeigt, dass es ein breites Angebot bedarf. Die Sehnsucht nach Reisen ist bei vielen nach der Krise groß gewesen und viele Flughäfen waren hier nicht vorbereitet. Zwar müssen auch die entsprechenden Arbeitsplätze an Airports wieder attraktiv werden, doch wenn Airlines ihr Angebot zwischen Drehkreuzen und Regionalflughäfen aufteilen, kann der Passagierstrom leicht verteilt werden.

Contra – Studie des BUNDs zeigt, dass sieben der 14 Regionalflughäfen überflüssig sind

Regionalflughäfen sind bereits seit längerer Zeit durchaus umstritten. Und das zurecht. In einer Zeit, in der es um die Zukunft des Planeten geht, um den Fortbestand der Menschheit und der Bewohnbarkeit unserer Heimat, ist eine Diskussion um Inlandsflüge und kleine Regionalflughäfen meines Erachtens hinfällig.

Im August 2020 führte das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. – kurz BUND – eine Studie durch, die ergab, dass Regionalflughäfen schon lange kein rentables Geschäft mehr sind. Anstatt ein funktionierender Teil der Marktwirtschaft zu sein, liegen die Flughäfen sowohl Steuerzahlern als auch privaten Investoren auf den Taschen – gewinnbringend sind diese schon seit langem nicht mehr. Sieben der 14 Regionalflughäfen in Deutschland stellen sich als komplett überflüssig heraus. Einen wirtschaftlichen Grund für die Aufrechterhaltung der meisten Regionalflughäfen gibt es demnach nicht.

Auch klimapolitisch stellen Regionalflughäfen eher eine Last als einen Gewinn dar. Die Flughäfen schaden dabei nicht nur der unmittelbaren Umwelt, sondern steuern dabei auch zu einer Flugkultur bei, die längst überholt ist. Inlandsflüge sollten 2022 keine Option mehr sein müssen. Dass sie es dennoch sind, liegt jedoch nicht an dem grundlegenden Sinn dieser Art des Reisens, sondern an der Schwäche des Bahnverkehrs in Deutschland.

Zudem kommt neben dem CO₂-Fußabdruck, den der Betrieb eines Regionalflughafens hinterlässt, momentan auch noch der Aspekt der Energiekosten hinzu. Sieben unnötige Flughäfen am Leben zu halten und diese mit Strom und Gas zu versorgen, in einer Zeit, in der es aufgrund des Angriffskrieges in der Ukraine zu einer weltweiten Knappheit der Ressourcen und dementsprechend zu erhöhten Preisen kommt, ist nicht zu vertreten.

Anstatt das Geld in Regionalflughäfen zu stecken, sollte man sich stattdessen auf den Ausbau des Schienennetzes in Deutschland konzentrieren. Lieferketten können auch am Boden schnell und sicher aufrechterhalten werden. Ein starker Bahnverkehr, moderne Bahnhöfe, Strecken und Züge würde zahlreiche Inlandsflüge – sei es für Warentransport oder für den Personenverkehr – überflüssig machen.

Eine nachhaltige, langfristige Lösung ist demnach nicht das unnötige Aufrechterhalten von veralteten Regionalflughäfen, die zusätzlich durch Finanzspritzen künstlich am Leben gehalten werden müssen, sondern eine umfassende Investition in das Schienennetz. Die finanzielle Förderung dieses Bereiches würde die klima- und wirtschaftsschädlichen Regionalflughäfen überflüssig machen – und das Geld wäre nachhaltig und gewinnbringend investiert.

Fazit zur Sinnhaftigkeit der Regionalflughäfen

Deutschland sollte als wirtschaftlich starke Nation und als wichtiger Pfeiler in der Europäischen Union mit einer breiten, gut funktionierenden Infrastruktur aufwarten, und nicht mit einem Sommer-Chaos an den wenigen großen Flughäfen Schlagzeilen machen. Dabei sollte jedoch nicht nur auf die Luftfahrt gesetzt werden, sondern auch der Bahn- und öffentliche Nahverkehr gefördert werden. Ressourcen sollten intelligent eingesetzt werden. Ein guter Mix wäre, die lohnenswerten Regionalflughäfen auf Vordermann zu bringen und so zu optimieren und das übrige Geld, das durch die Schließung der überflüssigen Flughäfen übrig bleibt, in das deutsche Schienennetz zu investieren.

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Autor

Sonja Issel ist seit Juni 2022 als Autorin Teil des reisetopia Content-Teams. Sie ist mit Leib und Seele Journalistin. Besondere Orte und Geschichten aufzuspüren sind ihre Leidenschaft. Ihre Expertise setzt sie jetzt für euch ein, um die besten Reisedestinationen zu finden - und um euch bezüglich News Up-To Date zu halten.

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