In den letzten Wochen konnte man rund um Reisen so einige Horrorgeschichten lesen. Berechtigt oder nicht, wird immer klarer: Es wird Zeit für eine neue Erwartungshaltung.

Die Zeitungen sind aktuell voll wie nie mit Horrorgeschichten über Reisen, in Foren oder Blogs wird gelästert und selbst in den TV-Nachrichten vergeht kaum ein Tag ohne einen Beitrag, in dem über die schwierige Situation an Flughäfen oder in Zügen berichtet wird. Die erste Reaktion ist da oft, dass es die Bahn, die Flughäfen oder sonst irgendwer verbockt hätte und die armen Reisenden mit den Folgen zu kämpfen haben. Doch so sehr Fehler bei der Planung gemacht wurden, scheint auch immer klarer: Man muss sich daran gewöhnen, dass sich Reisen verändern – zum Negativen.

Die Preise steigen, steigen und steigen

Es gab schon vor der Krise rund um das Coronavirus, aber auch insbesondere während dieser das eine oder andere Reiseangebot, das fast zu gut rüberkam, um wahr zu sein. Ich erinnere mich an einmalige First Class Flüge für weniger als 2.000 Euro hin und zurück – auf Strecken nach Südamerika, Südafrika oder Asien. In der Business Class fand man hier und da Tickets für weniger als 1.000 Euro nach Nordamerika – hin und zurück wohlgemerkt und in der Economy Class ging es hier und da auch schon für 200 Euro oder weniger über den Atlantik. All das scheint weit weg, denn mit Ausnahme von ausgewählten Angeboten auf einzelnen Strecken – schon diese meist mit mindestens 50 Prozent höheren Preisen – zahlt man fast überall ganz andere Preise. 500 Euro und mehr für einen Hin- und Rückflug in Europa sind mittlerweile keine Seltenheit mehr.

Die Preise für Flüge sind in den letzten Wochen signifikant gestiegen

Nun soll es hier nicht darum gehen, die Inflation für die Entwicklung verantwortlich zu machen. Zwar spielt der Krieg in der Ukraine mit seinen vielfältigen Folgen noch einmal eine zusätzliche Rolle, das größere Problem sind aber die fehlenden Kapazitäten – viele Flugzeuge wurden ausgemustert und die Reaktivierung dauert lange. Dasselbe zeigt sich auch beim Personal und an vielen anderen Stellen. Doch es ist auch die enorm schnelle Rückkehr der Nachfrage seitens der Reisenden, die dazu führt, dass es jetzt an allen Ecken und Enden fehlt. Dass die Preise teils doppelt oder gar dreimal so hoch sind wie vor einem Jahr, ist daher mit einer klassischen Marktlogik verbunden: Viel Nachfrage trifft auf wenig Angebot, was zu signifikant höheren Preisen führt.

Dieses Bild zeigt sich übrigens keineswegs nur bei Flugbuchungen, sondern genauso auch bei Hotels. Was im letzten Jahr schon in den USA zu beobachten war, ist nun auch auf Europa übergeschwappt. In den Vereinigten Staaten musste man für ein über reisetopia Hotels gebuchtes Luxushotel auf Hawaii schon 2021 an vielen Daten mehr als 1.000 Euro die Nacht für ein Standardzimmer berappen, mittlerweile sind die Preise noch höher. Gerade in Urlaubsregionen, etwa auch in Florida oder Kalifornien, sind die Preise förmlich explodiert. Dasselbe Bild zeigt sich jetzt auch in Deutschland, wo man bei ausgewählten Luxushotels in Berlin beispielhaft auf in etwa doppelt so hohe Preise blickt wie im Vorjahr. Hintergrund ist nicht nur die starke Nachfrage von Privatleuten, sondern auch die gleichzeitige Rückkehr von Geschäftsreisen auf der einen und dem Neustart von lange verschobenen Events auf der anderen Seite.

Die Leistungen werden im Gegenzug schlechter

Besonders problematisch an der aktuellen Welt der Reisen ist allerdings gar nicht nur, dass die Preise ins Unermessliche steigen. Es ist nämlich keineswegs so, dass man für sein zusätzliches bezahltes Geld auf einmal die doppelte Leistung bekommen würde. Im Gegenteil: Man bezahlt mittlerweile zwar mehr, bekommt im Schnitt aber deutlich weniger als noch vor der Pandemie. Das klingt nach einem Paradox, lässt sich allerdings erneut durch zwei Faktoren erklären. Auf der einen Seite steht auch hier die steigende Nachfrage, die für eine höhere Auslastung in Flugzeugen, Zügen oder auch Hotels sorgt. Auf der anderen Seite kämpfen alle Spieler im Tourismus mit einem gravierenden Personalmangel.

Hotels bieten aktuell weniger Leistung für mehr Geld

Letzterer sorgt dafür, dass Öffnungszeiten für bestimmte Bereiche in Hotels reduziert, Restaurants nicht wieder eröffnet oder bestimmte Serviceelemente abgeschafft oder ausgesetzt werden. Dazu kommen verlängerte Wartezeiten, etwa beim Check-in. Noch viel dramatischer wird der Personalmangel allerdings deutlich, wenn man auf Flughäfen blickt. Nicht nur müssen Flüge wegen Personalmangel an Bord gestrichen werden – das ist noch das kleinste Problem. Vielmehr fehlen am Boden tausende, wenn nicht zehntausende Arbeitskräfte. Egal ob es um den Check-in, die Sicherheitskontrollen oder die Gepäckverladung geht – aktuell gibt es überall gravierende Probleme. Wartezeiten von mehr als einer Stunde bei der Sicherheitskontrolle sind längst keine Seltenheit mehr. Fluggesellschaften raten Kunden teilweise schon, mindestens vier Stunden vor Abflug am Airport einzutreffen.

Wie dramatisch die Situation ist, zeigt auch das Eingreifen der Bundesregierung, die mit Leiharbeitern aus anderen Ländern eine gewisse Linderung schaffen will. Eine Normalisierung wird allerdings lange dauern, wie selbst die Lufthansa in einem öffentlichen Brief zugegeben hat. Wer nun denkt, dass das Ausweichen auf den Zug Linderung bringt, liegt nur teilweise richtig. Im Fernverkehr lässt es sich zwar meist noch ganz gut aushalten, doch auch hier sind gerade die gefragten Verbindungen am Wochenende oder zu Stoßzeiten sehr gut gebucht. Der Nahverkehr ist hinsichtlich des Angebots zwar anders als die Flüge wieder auf dem Niveau vor der Pandemie, doch das 9-Euro-Ticket sorgt dafür, dass die Züge gerade an den Wochenenden und auf Strecken zu beliebten Urlaubszielen extrem überfüllt sind – wie schlimm es werden kann, hat auch mein Erlebnis bei einer Fahrt an die Ostsee gezeigt.

Neue Realität statt Überraschung

Doch so bescheiden und ärgerlich die Situation auch sein mag, sollte mittlerweile jedem klar sein: besser wird es so schnell nicht. Mit einer gewissen Verwunderung muss man momentan also hinnehmen, dass doch jeden Tag wieder neue Horrorgeschichten von Fluggästen echauffieren, die mehr als eine Stunde bei der Gepäckabgabe oder bei der Sicherheitskontrolle warten mussten und (fast) ihren Flug verpasst haben. Nachdem es nun seit Wochen an verschiedensten Flughäfen – wohlgemerkt weltweit – vergleichbare Probleme gab, sollte eigentlich jedem klar sein, wie die neue Realität aussieht. Schön ist sie zweifelsfrei nicht und Spaß macht das Fliegen so natürlich noch weniger als schon davor. Dennoch kann man nicht einfach die Augen verschließen und trotz der neuen Realität so tun, als wäre man überrascht.

Gerade am Flughafen sollte man sich an die neue Realität gewöhnen

Eine Überraschung ist es auch längst nicht mehr, dass man in einem Regionalzug nach Sylt am Freitag keinen Sitzplatz bekommt und eng an eng steht. Hotelpreise jenseits der 500 Euro pro Nacht in gehobenen Unterkünften an beliebten Tagen sollten ebenfalls nicht mehr den nächsten Shitstorm auslösen. Nicht, dass es nicht verständlich wäre, dass man sich über all das aufregt, denn weniger Leistung für mehr Geld zu bekommen ist immer bescheiden. Doch man muss leider auch konstatieren, dass die Situation sich nun einmal verändert hat und wohl erst einmal eine Weile so bleiben wird.

Zwar erhofft sich die gesamte Branche eine gewisse Linderung, etwa durch eine Ausweitung des Angebots, tausende Neueinstellungen und auch wieder eine verstärkte Konkurrenz. Doch gesichert ist all das keineswegs, sodass es auch nicht unrealistisch erscheint, dass die Preise hoch bleiben und die Leistung nie wieder so gut wird, wie sie einmal war. Wer dafür ein Beispiel sucht, der braucht nur in die USA blicken: Dort hat die Konsolidierung am Reisemarkt schon in den Jahren nach der Finanzkrise dafür gesorgt, dass die Lücke zwischen Preis und Leistung immer weiter auseinandergegangen ist. Die Hoffnung, dass es in Europa und insbesondere in Deutschland nicht ganz so schlimm wird, bleibt. Doch mit Blick auf den Fachkräftemangel, die allgemeine Personalnot und nicht zuletzt auch die Inflation, sollte man sich lieber erst einmal an die neue Realität gewöhnen.

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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