Die Lufthansa startet pünktlich zum Pride Month eine eigene, kreative Kampagne auf Flügen innerhalb Europas. Doch statt Liebe erntet die Lufthansa viel Kritik für die Kampagne – berechtigt?
Die Lufthansa bekennt sich laut eigener Aussage bereits seit vielen Jahren zu einer diversen Unternehmenspolitik. Wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht, verstärkt man diese Initiative, indem man mit einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne zum Pride-Month auf die Rechte der LGBTQIA+-Community aufmerksam macht. Doch stattdessen machen die Passagiere der Lufthansa auf die aktuellen Missstände aufmerksam und kritisiert die Airline für die Werbekampagne. Darf die Lufthansa eine solche Kampagne nur unternehmen, wenn intern alles glattläuft?
Immer noch eine Besonderheit?
Anlässlich des Pride-Months, welcher den Menschen der LGBTQIA+-Gemeinschaft einen Anlass dazu bietet, zusammenzukommen und gegen die teilweise noch sehr restriktiven Gesellschaftszustände und Diskriminierung zu protestieren, bekundet die Lufthansa mit einer Sonderlackierung eines ihrer Flugzeuge ihre Solidarität. Demnach wird der Airbus A320neo mit der Kennung D-AINY der Airline für die kommenden Monate zu “Lovehansa” umgetauft.
Dass diese Lackierung für ausreichend Gesprächsstoff sorgt, war klar. Doch die Kritik in den sozialen Medien bezieht sich weniger die möglichen Hintergründe der Kampagne. Oft wird Unternehmen in dieser Hinsicht vorgeworfen, dass sie solche Kampagnen lediglich für ein besseres Image fahren würden. Neben vielen Hasskommentaren bezieht sich die Kritik der “Passagiere” aber vor allem die vielen weiteren Baustellen des Kranichs.
Darf die Lufthansa daher nur eine Kampagne für den Pride Month unternehmen, sofern alle anderen Eckpfeiler der Airline auch stabil stehen? Vor allem der bevorstehende Sommerflugplan sorgt bei vielen Kunden für schlaflose Stunden. Lufthansa und Eurowings mussten kürzlich bekannt gegen, etwa 1.000 Flüge im kommenden Monat ersatzlos annullieren zu müssen. Vor allem daher kommt die viele Kritik.
Liebe beim Service fehlt
Passagiere klagen in den Kommentarspalten der sozialen Medien der größten deutschen Fluggesellschaft über ausgefallene Flüge. Dabei erheben viele den Vorwurf, dass das Geld für solche Werbekampagnen da sei, jedoch nicht für das Personal. Das ist tatsächlich etwas kurz gedacht. Denn ganz still und heimlich hat der Konzern mit dem Cockpit- und Kabinenpersonal Sommertarife ausgehandelt. Die Angestellten erhalten wieder ihr normales Gehalt, dafür soll es keine Streiks in den Sommermonaten geben.
Darüber hinaus sucht die Fluggesellschaft wieder massiv nach Personal. Das Geld dafür wäre durchaus vorhanden, der Konzern gewillt, das Geld in die Hand zu nehmen. Doch im Rahmen der Corona-Pandemie haben viele Angestellte eine andere Berufung gefunden. Den Weg zurück in die Luftfahrt finden die meisten dabei nicht mehr so spielend einfach, wie vielleicht noch in den vergangenen Jahren. Die Zeiten sind zu unsicher. Das bekommen auch andere Teile der Reisebranche wie die Flughäfen und Hotels besonders zu spüren.
Viel Liebe kommt den Passagieren aber nicht in den Flugzeugen entgegen. Der Service lässt oftmals zu wünschen übrig, wie auch wir immer wieder in der Vergangenheit erleben durften. Die Hotline der Lufthansa wird weiterhin dauerhaft angerufen, die Wartezeiten sind mitunter noch immer sehr lang. Und auch in der Luft spart die Fünf-Sterne-Airline an vielen Ecken und Kanten. Zu dem gesellten sich Probleme mit dem Catering. Während die Onboard-Delights, das Buy-on-Board Menü, in der Economy Class oftmals nicht angeboten werden konnte, fehlte es in der Business Class ebenfalls an kompletten Mahlzeiten.
Von Kritik und Whataboutism
Muss man den Passagieren also mehr entgegenkommen kommen, um sich das Wort Liebe auch aufs Flugzeug schreiben zu dürfen? Für mich stach der Service der Lufthansa-Crew immer hervor. Doch in den vergangenen Jahren ließ dieser immer weiter nach. Muss die Airline daher zunächst an ihren Service arbeiten, um die Botschaft von Liebe und Fürsorge auch in die weite Welt hinaus befördern zu dürfen. Sicher ist, dass die Lufthansa hier meiner Meinung nach gerade in einer Selbstfindungskrise steckt. Ich bin kürzlich mit der “neuen” Business Class im ehemaligen Airbus A350 von Philippine Airlines von Vancouver nach München geflogen.
Die Crew war freundlich und sehr zuvorkommend. Dennoch fehlte es an den Details. In welche Richtung die Lufthansa sich gerade entwickeln möchte, ist nicht erkennbar. Und für welchen Service sie stehen will, ist ebenfalls unklar zum aktuellen Zeitpunkt. Fest steht dafür, dass die Lufthansa für Diversität stehen will. Die Airline fördert bereits seit vielen Jahren Frauen im Unternehmen, wenn auch in der Führungsspitze noch nicht viel davon zu erkennen ist. Die Lackierung des Airbus A320neo soll über den Pride Month hinaus erhalten bleiben. Konzernintern und in der Kommunikation nach außen schreibt und spricht der Kranich mittlerweile Gender-neutral.
Handelt es sich bei “Lovehansa” dennoch nur um eine Werbekampagne, um das eigene Image aufzupolieren und von anderen Problemen abzulenken. Ich persönlich nehme der Lufthansa die Botschaft durchaus ab, kann aber auch nachvollziehen, dass die Werbekampagne den Anschein erwecken soll, über andere Probleme hinwegschauen zu wollen. Die Kritik in den sozialen Medien ist für mich aber mehr Whataboutism. Ja, die Lufthansa muss sich gerade vielen Problemen stellen, dennoch darf sie meiner Meinung nach im Rahmen des Pride Months ein Flugzeug umlackieren. Vielmehr dürfte man eine Debatte darüber lostreten, inwiefern solche Botschaften überhaupt etwas bringen. Ist es eine Werbekampagne für das eigene Wohlbefinden oder setzt sich die Lufthansa tatsächlich für die LGBTQIA+-Community ein? Falls ja, was kann sie überhaupt erreichen?
Fazit zur Kritik an Lovehansa
Kritik an einer Pride Month Werbekampagne eines Konzerns ist durchaus berechtigt und zulässig. Die Hintergründe einer solchen Kampagne sind nicht immer ersichtlich, lassen aber durchaus zurecht den Gedanken aufkeimen, dass dies ausschließlich der Imageaufbesserung dienen soll. Das ist vor allem dann gerechtfertigt, wenn das Unternehmen oder der Konzern während der übrigen Monate keine weiteren Bestrebungen vornimmt. Die Lufthansa ist zwar durchaus bemüht, an den Umständen etwas zu ändern, mit einer Lackierung tut sie aber vielleicht auch nur das Mindeste. Die Kritik aber auf die aktuellen Probleme der Lufthansa zu münzen, ergibt meiner Meinung nach wenig Sinn und übertrifft bereits die Grenzen des Whataboutisms. Die Lufthansa darf durchaus auf die Ziele und Forderungen der LGBTQIA+-Community aufmerksam machen, darf aber auch weit mehr noch dafür einstehen. Das ist mit einer simplen Lackierung nicht erledigt, aber kann ein Schritt in die richtige Richtung sein, ungeachtet der anderen Baustellen, denen sich die Lufthansa stellen muss.