Von Condor hört man in den letzten Jahren fast nur noch Positives. Doch dennoch ist die Zukunft der Airline offen wie nie – insbesondere ab dem Jahr 2026 dürfte sich viel verändern.
So richtig ernst genommen wurde die Condor, eine frühere Tochter der Lufthansa für Ferienflüge, lange nicht. Abgeschrieben war sie nach der Pleite des zwischenzeitlichen Mutterkonzerns Thomas Cook ebenfalls bereits, spätestens in der Corona-Krise wurde die Airline abgeschrieben. Doch was danach dank staatlicher Unterstützung und einem Investor passiert ist, weiß zu beeindrucken. Doch was bringt die Zukunft? Möglichkeiten gibt es viele.
Höhenflug der letzten Jahre könnte zum Ende kommen
Ganz so rosig wie in den letzten beiden Jahren dürfte es für die deutsche Airline, die im Jahr 2024 erstmals wieder schwarze Zahlen schreiben dürfte, schon bald nicht mehr laufen. Hintergrund dafür ist ein Streit mit der ehemaligen Mutter Lufthansa bezüglich Zubringerflügen. Diese mussten von der Lufthansa aus Wettbewerbsgründen bislang vergleichsweise günstig angeboten werden. Damit dürfte es nach einem höchstgerichtlichen Urteil bald vorbei sein. Condor zahlt für die wichtigen Zubringer zum Drehkreuz in Frankfurt damit zukünftig mehr.
Doch damit nicht genug, denn auch generell entwickelt sich der Markt nicht mehr so hervorragend wie in den Jahren nach der Pandemie. Die Lufthansa hat ihre Prognosen schon angepasst und auch die zuletzt verwöhnten US-Airlines bemerken ein sich abschwächendes Geschäft. Gerade bei den auch für Condor wichtigen Strecken über den Atlantik könnte das zum Problem für den Höhenflug der Condor werden.
Gleichzeitig hat Condor aber einen Wettbewerbsvorteil, denn durch die massiven Investitionen in die Flotte des britischen Investors Attestor, der 2021 eingestiegen und ins Eigenkapital sowie die Flottenerweiterung ganze 450 Millionen Euro investiert hat, gibt es auf der Langstrecke mittlerweile eine runderneuerte Flotte. Für die Condor fliegen nur noch Airbus A330-900neo, die im Vergleich zur durchschnittlichen Lufthansa-Flotte nicht nur einen geringen Kerosinverbrauch aufweisen, sondern auch ein überlegenes Produkt haben. Bis die Lufthansa mit ihrem Allegris-Produkt und der Flottenerneuerung aufgeholt hat, dürften derweil noch Jahre vergehen.
Fragen um die Eigentümer ab dem Jahr 2026
Wie es für die Condor operativ weitergeht, dürfte dabei in vielerlei Hinsicht entscheidend sein. Die Airline muss bis zum Jahr 2026 einen aktuell immer noch über 350 Millionen Euro schweren Kredit an die Kreditanstalt für Wiederaufbau zurückführen. Doch das ist nicht alles, denn der britische Investor müsste für die Übernahme der staatlichen 49 Prozent auch noch einmal zusätzlich tief in die Tasche greifen – die Rede ist immerhin von einem “interessanten” Betrag.
Gleichzeitig dürfte Attestor nur dann wirklich zuschlagen, wenn sich die Condor zum einen weiterhin operativ gut entwickelt und zum anderen auch der Luftfahrtmarkt nicht weiter einbricht. Sofern sich mit einer Airline im Jahr 2026 kein Geld verdienen lässt, was mit Blick auf die letzten Jahrzehnte kein unrealistisches Szenario ist, könnte Attestor von einer Übernahme des restlichen Anteils absehen.
Doch das ist nicht zwingend die einzige offene Frage hinsichtlich der Finanzierung und auch Eigentümerschaft der Airline in Zukunft. Als Finanzinvestor wird Attestor bei der Condor wohl nicht für immer an Bord bleiben. Selbst wenn der Investor also den staatlichen Anteil übernehmen sollte, dürfte ein Verkauf der Airline in den nächsten Jahren auf der Agenda stehen. Bei einer guten wirtschaftlichen Entwicklung kämen einige Interessenten infrage.
Condor könnte für Flugallianzen von Interesse sein
Denkbar wäre spätestens im Jahr 2026 auch eine Komplettübernahme durch eine andere Airlinegruppe, immerhin hat sich die Konsolidierung auf dem europäischen Markt in den letzten Jahren weiter verstärkt. Ob die Condor mit ihrer aktuellen Größe dagegen alleine überleben kann, steht infrage – gerade dann, wenn wieder schwierigere Zeiten kommen. Nach dem Scheitern der Air Europa-Übernahme könnte insbesondere die International Airline Group (IAG) Interesse haben, fehlt ihr doch bislang eine Airline im Herzen von Europa.
Spannend ist dies auch im Kontext der Flugallianzen, denn Condor-Chef Peter Gerber hatte schon im Juli in einem Pressegespräch anklingen lassen, dass ein Allianzbeitritt eine interessante Option sein könnte – potenziell auch schon vor 2026. Auch hier käme sicherlich die oneworld Allianz rund um American Airlines, British Airways oder auch Qatar Airways infrage. Zwar arbeitet Condor heute auch mit oneworld-Konkurrenten wie Emirates zusammen, allerdings gibt es mit Alaska Airlines auch bereits einen engen Partner, der Teil der Allianz ist.
Expansion ist zudem auch bei Air France-KLM ein Thema, nicht zuletzt hat das die Investition in die nordeuropäische SAS gezeigt. Geografisch erscheint eine Investition in einen deutschen Konkurrenten zwar weniger sinnvoll, dass dies allerdings nichts heißen muss, zeigt die Lufthansa Group mit ihren Hubs in Brüssel, Zürich und Wien sehr deutlich. Einer Übernahme durch die Lufthansa selbst dürfte derweil garantiert das Wettbewerbsrecht im Weg stehen, sodass man eine solche nahezu ausschließen kann.
Strategischer Fokus oder gar eine Aufspaltung
Bei den Gedankenspielen um die Zukunft der Condor ist auch noch ein Blick auf die Strategie relevant, denn Condor unterscheidet sich insofern von vielen anderen Airlines, als dass es keinen ganz klaren Fokus des Geschäfts gibt. Historisch hat die Condor sich als reiner Ferienflieger positioniert und primär auf der Mittel- und Langstrecke Ferienziele angesteuert. Mittlerweile setzt die Airline dagegen insbesondere auch auf der Langstrecke auf Großstädte und fliegt dabei oft in direkter Konkurrenz zur Lufthansa. Die Investition in das Business Class Produkt verstärkt diesen neu gewonnen Fokus zusätzlich.
Offen ist entsprechend, wie die konkrete strategische Zukunft der Condor aussieht. Will sie sich zu einer Netzwerk-Airline entwickeln, die für Geschäftsreisende spannend ist und möglicherweise sogar selbst Zubringerdienste anbieten? Will sie ein primärer Ferienflieger bleiben, der nicht nur vom Direktverkauf lebt, sondern auch eng mit Reiseveranstaltern zusammenarbeitet? Möglich erscheint sogar eine strategische Aufspaltung.
Als Vorbild könnte hier die ehemalige Mutter dienen, denn die Lufthansa betreibt mit der Tochter Discover Airlines (ehemals Eurowings Discover) genau das Geschäft, das Condor früher ausschließlich in Angriff genommen hat und mit der Kernmarke die auf Geschäftsreisende zugeschnittene Netzwerkairline.
Eine starke Condor ist eine gute Nachricht für Reisende
Klar ist, dass bei der Condor in den nächsten Jahren so einiges passieren wird. Bei einer guten Geschäftsentwicklung wären das gute Nachrichten für Reisende, denn ein starker Konkurrent für die Lufthansa dürfte Passagieren sowohl hinsichtlich der Preise als auch hinsichtlich Innovationen in die Karte spielen.
Bleibt zu hoffen, dass dieses Szenario auch eintritt, denn die Gemengelage ist für Condor trotz aller guten Nachrichten der letzten Jahre kompliziert. Die Entwicklung in den nächsten beiden Jahren dürfte entscheidend sein, für die finanzielle Zukunft der Airline, aber auch für das zukünftige Geschäftsmodell.