Schnell, schneller, am schnellsten. In unserer Gesellschaft wird in fast allen Bereichen nach diesem Prinzip gehandelt. Nur in einem Bereich ändert sich wenig: In der Luftfahrt.

Vergleicht man heute mit der Concorde vor einigen Jahren, fliegt man sogar langsamer. Aber warum?

Schaut man sich zum Beispiel die Bahnstrecke von Hamburg nach Berlin an, betrug die Fahrzeit 1993 noch über drei Stunden, während man heutzutage die Strecke in weniger als 1,5 Stunden zurücklegen kann.

DB Bahn ICE 3 München Hbf

Durch technologische Innovationen wird das Reisen immer schneller und wir können Zeit sparen. Zeit ist schließlich Geld.

Nur das Bahnfahren wird schneller

Nur in der zivilen Luftfahrt ist dieser Trend noch nicht angekommen. Zwar versuchen Airlines das Reisen schon lange komfortabler zu gestalten und nie war das Fliegen so sicher wie heute, jedoch ist die eigentliche Reisezeit zu verschiedenen Zielen seit Jahrzehnten konstant. Aber warum stagniert hier die Entwicklung, während die Bahn, das Auto, ein Smartphone oder ein Computer seit Jahren schneller wird?

Ryanair Boeing 737

Das Flugzeug gilt schon lange als das sicherste Verkehrsmittel der Welt. Dies liegt zum einen an der zunehmenden Automatisierung im Cockpit sowie der stetigen Verbesserung der technischen Komponente. Zum anderen gelten für die Inbetriebnahme eines Flugzeuges sehr hohe Sicherheitsauflagen, die zu jeder Zeit erfüllt werden müssen. Im Vergleich zu früher ist das Fliegen also deutlich effizienter und sicherer geworden – jedoch nicht schneller.

Billig hat seinen Preis

Gleichzeitig ist das Fliegen aber auch billiger geworden. Noch nie waren Flüge so günstig zu ergattern. Airlines konnten in der Vergangenheit die Kosten deutlich reduzieren, indem sie viele Leistungen als Zusatzkosten, wie zum Beispiel die gebührenpflichtige Aufgabe von Gepäck an den Kunden, abgeben haben. Auch in Bezug auf die Effizienz von Kerosin haben Airlines Sparpotenziale entdeckt – leider erneut zu Lasten der Schnelligkeit.

Zürich Flughafen Startbahn

Durch die regelmäßigen Schwankungen des Kerosinspreises werden Piloten mittlerweile von ihren Operation Controllern angehalten, nicht mehr Vollgas zu geben. Sparen und damit langsamer fliegen ist zum Trend geworden. Gut für die Umwelt, weniger gut in Bezug auf die Reisezeit.

Endlose Rollwege

Die Flugbranche boomt und damit auch die Kapazität an den Großflughäfen. Langsam stoßen diese an ihre Grenzen. Die Slots zur Starterlaubnis und Landeerlaubnis sind begrenzt und auch die Wege zur Startbahn teilweise extrem lang. Wer einmal in Amsterdam Schiphol, Paris Charles de Gaulle oder Madrid-Barajas zu einer Ferndestination aufgebrochen ist, weiß wovon ich spreche.

Concorde Cockpit Blick vom Jumpseat

Auch gibt es in Europa keinen einheitlichen Luftraum. Durch die Zergliederung in nationale Flugsicherungszonen müssen Flugzeuge in der Regel Umwege fliegen – wieder zu Lasten der Schnelligkeit. Ein einheitlicher, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagener Luftraum, könnte hier helfen, die Reisezeiten zu reduzieren.

Concorde. Prestigeobjekt am Himmel

Zwar könnten Piloten in Zukunft mit dem Schubhebel Vollgas geben, jedoch gibt es für den zivilen Luftverkehr bezüglich der möglichen Fluggeschwindigkeit eine nahezu unüberwindliche Grenze: die Schallgeschwindigkeit. Der ein oder andere mag sich da direkt an das Überschall-Passagierflugzeug „Concorde“ erinnern. Bis zu ihrem Absturz mit 113 Toten im Jahre 2000 galt diese als Prestige Objekt der Luftfahrt.

Concorde Flugzeug

In nur 3,5 Stunden konnte man von London nach New York fliegen. First Class Betreuung, Champagner und Kaviar inklusive. Doch mit dem tragischen Unglück kam auch das Misstrauen. Durch einen Rückgang an Buchungen blieben an Bord immer häufiger Sitzplätze leer und die ohnehin schon hohen Kosten für Treibstoff sorgten schließlich dafür, dass Air France und British Airways den Betrieb 2003 endgültig einstellten. Schon zuvor waren Tickets für das Flugzeug fast unerschwinglich, rentabel waren die Flüge trotzdem nie.

Die Zukunft der Geschwindigkeit in der Luftfahrt

Um in der Zukunft das Fliegen deutlich schneller zu machen, reicht es nicht aus, herkömmliche Passagierflugzeuge, die in etwa 10.000 Metern Höhe fliegen, umzurüsten, da diese nicht über die aerodynamischen Gegebenheiten verfügen ,im Überschall in 18.000 Metern Höhe zu fliegen. Deshalb hat sich vor einigen Jahren der Flugzeughersteller Airbus ein Flugzeug patentieren lassen, das von der Concorde inspiriert wurde und einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen soll: Mit einer Geschwindigkeit von Mach 4,5 (also viereinhalb Mal so schnell wie der Schall) soll das Flugzeug von London aus New York in nur einer Stunde erreichen. Serienreif soll das Muster jedoch erst in 30 bis 40 Jahren sein.

Etwas schneller in der Entwicklung ist da das amerikanische Startup „Boom“. Für ihre Entwicklung eines Überschalljets mit 55 Sitzplätzen gingen beim amerikanischen Jungunternehmer bereits über 75 Vorbestellungen ein. Der Prototyp XB-1 soll bereits Ende dieses Jahres für einen Erstflug abheben und der kommerzielle Linienverkehr soll bereits 2023 beginnen. Mit dem Überschallflugzeug von „Boom“ soll es möglich sein, New York von Europa aus mit einer Geschwindigkeit von 2,2 Mach in dreieinhalb Stunden zu erreichen. Gleichzeitig soll das Modell 30 Prozent weniger Treibstoff als die Concorde verbrauchen. Wir dürfen also gespannt sein, was die Zukunft mit sich bringt.

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Autor

Seit Jahren ist Jonathan ein passionierter Vielflieger. Auf reisetopia gibt er Euch neben verschiedenen Reviews vor allem interessante Einblicke hinter die Kulissen der Luftfahrt.

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