Nach einigen Beschwerden über ein verbesserungswürdiges Sicherheits- und Hygienekonzept in den Langstreckenzügen der Deutschen Bahn, wie kürzlich von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführe (GDL) im August, möchte der Geschäftsreiseverband VDR, eine Reservierungspflicht einführen, um die Sicherheit und das persönliche Wohlbefinden der Reisenden zu verbessern – doch der Eisenbahnkonzern lehnte die Forderung ab.

Trotz zahlreicher Aufrufe in den Medien und verhängten Bußgeldern fällt es immer noch einigen Menschen schwer die restriktiven Corona-Maßnahmen in den öffentlichen Verkehrsmitteln einzuhalten. Hinzu kommt, dass die Fernzüge der Deutschen Bahn oftmals noch stark überfüllt sind und sich so Geschäftsreisende aber auch Privatreisende zunehmend unwohler fühlen und auf eine Kurzreise oder einen Wochenendausflug lieber verzichten. Der VDR forderte nun die Deutsche Bahn auf, eine Reservierungspflicht einzuführen und legt seine konkreten Verbesserungsvorschläge in einem Positionspapier und auf ihrer Homepage fest – leider vergebens.

Lösungsvorschläge des VDR werden von der Deutschen Bahn abgelehnt

Der GDL-Chef betont bereits vor einiger Zeit man müsse “die Gesundheit der Reisenden allem anderen voranstellen”. Zudem ist er der Auffassung, man dürfte besonders eine Zielgruppe nicht vernachlässigen: Die Reisenden, die längerfristig eine Reise geplant haben und auch einverstanden sind eine Reservierungspflicht zum Schutz der eigenen Gesundheit vorzunehmen. Einige Nachbarländer, wie z.B. Italien oder Frankreich haben schon länger eine Reservierungspflicht eingeführt. Der VDR (Verband des Deutschen Reisemanagement e.V.) konkretisiert nun seine Forderung und weist auf eine Modernisierung der Belüftung-Filteranlagen, sowie auf die dringende Einführung einer Reservierungspflicht hin. Rückläufige Buchungszahlen durch eine zunehmende Gefährdung der Gesundheit befürchtet die VDR-Vizepräsidentin Inge Pirner.

Der aktuelle Trend zeigt, dass Mitarbeiter eher zum Dienst- oder Mietwagen greifen, als in die Bahn zu steigen. Diese Verschiebung innerhalb der Verkehrsträger ist beunruhigend, denn in den letzten Jahren haben Unternehmen viel dafür getan, ihre Mitarbeiter zur Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel zu bewegen.

VDR-Vizepräsidentin und Leiterin des VDR-Fachausschusses Bahn Inge Pirner

Das derzeitige Sicherheits- und Hygienekonzept seien aus Sicht des VDR nicht ausreichend. Die konkreten Maßnahmen und Forderungen für Verbesserungsmöglichkeiten formuliert der Geschäftsreiseverband wie folgt:

  • Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der Fahrt, an Bahnsteigen und Bahnhöfen
  • Maskenpflicht durchsetzen und überwachen sowie Nicht-Einhaltung konsequent ahnden
  • bundesweit einheitliche Bußgeldregelung
  • eine Lösung finden für die Erhebung einer Strafzahlung durch die Bahnangestellten, beispielsweise als höheres Beförderungsgeld, wie es bereits diskutiert wird
  • klare Verantwortlichkeiten zum Umgang mit Reisenden festlegen, die per Attest von der Maskenpflicht befreit sind
  • Filteranlagen der Fernverkehrszüge durch HEPA Filter modernisieren, um die Ansteckungsgefahr über Aerosole zu verringern
  • Desinfektionsspender an Ein- und Ausgängen der Züge anbringen mit Pflicht zur Händedesinfektion
  • verpflichtende Sitzplatzreservierung einführen, um eine konsequente Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen, die maximale Belegung zu kontrollieren und das Einhalten von Abständen zu gewährleisten

Denn im Gegenteil zu den Flugzeugen verfügen die Züge über keinen Virenfilter, welche das Infektionsrisiko mindern. Und dort wo Klimaanlagen vorhanden sind, fallen diese auch in gewisser Regelmäßigkeit aus. Die VDR-Vizepräsidentin fügt noch hinzu:

Es liegt auf der Hand, dass diese Zeiten für alle Beteiligten große Herausforderungen mit sich bringen, aber jede Maßnahme dient dazu, die Sicherheit für die Reisenden und damit für die Gesellschaft insgesamt zu erhöhen.

VDR-Vizepräsidentin und Leiterin des VDR-Fachausschusses Bahn Inge Pirner
Deutsche Bahn ICE 5

Die Deutsche Bahn hingegen lehnt diese Forderungen ab, mit der Begründung die Flexibilität und Spontanität ihrer Kunden könnte so in Gefahr geraten, wie bei der tagesschau.de berichtet wurde. Außerdem bestätigt der Konzern, dass es aus ihrer Sicht kein erhöhtes Infektionsrisiko in den Fernzügen gebe. Dazu führte die Deutsche Bahn zusätzliche eine eigene Studie durch, bei der gerade einmal ein positiv getesteter Fall unter über 1.000 Mitarbeitern gefunden wurde.

Es ist nun mal so bei der Bahn, dass auch mal Fahrgäste spontan kommen. Ich denke an die 50.000 Bahncard-100-Kunden, ich denke an die vielen Kunden, die eine Monatskarte für eine bestimmte Strecke haben. Denn das ist der große Vorteil gegenüber dem Flugzeug, diesen Vorteil möchten wir im Sinne der Fahrgäste auch nicht aufgeben.

Konzernsprecher der DB AG, Achim Stauß

Derzeit bemühen sich die Verkehrsverbünde um eine gleichmäßige Verteilung der Fahrgastzahlen. So planen beispielsweise die Straßenbahnen in Bochum-Gelsenkirchen zu Stoßzeiten mehr Verkehrsmittel einzusetzen. Dagegen hält der Verkehrsverbund Rhein-Sieg keinen Handlungsbedarf für notwendig, denn aktuell sind die Züge in der Region weniger ausgelastet als in Zeiten vor Corona. Ob die Situation sich in den überfüllten Fernzügen in der kommenden Zeit weiter verschlechtern oder verbessern wird und ob der Geschäftsreiseverband seine Forderungen doch noch durchgesetzt bekommt, bleibt definitiv weiterhin aufregend zu sehen und wird mit Sicherheit nochmal die ein oder andere Beschwerde aufbringen.

Fazit zu den Sicherheits- und Hygienemaßnahmen der Deutschen Bahn

Überfüllte Züge ohne Berücksichtigung des Mindestabstands und im besten Fall noch ohne die Einhaltung der Maskenpflicht sind mittlerweile alltägliche Vorkommnisse bei den Fernzügen der Deutschen Bahn. Nach der Forderung des GDL-Chefs über eine Verpflichtung zur Sitzplatzreservierung verstärkt der VDR den Standpunkt mit einem erstellten Positionspapier an den Konzern, um die Gesundheit und Sicherheit der Reisenden an Board weiterhin gewährleisten zu können. Doch die Deutsche Bahn lehnt ab, mit der Begründung den Vorteil der Flexibilität und Spontanität gegenüber ihren Kunden weiterhin ermöglichen zu wollen.

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Autorin

Seitdem Karolin als Schülerin an einem Austauschprogramm in Frankreich teilgenommen hat, wächst täglich ihre Begeisterung für das Reisen und Entdecken neuer Länder und ihre Leidenschaft für die französische Sprache.

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  • Fordern lässt sich ne Menge, aber umsetzen? Und der Sinn?

    “Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der Fahrt, an Bahnsteigen und Bahnhöfen”
    Was bringt das bitte an Bahnsteigen im Freien oder in den großen Hallen wie Leipzig, München, Hamburg etc???

    “Maskenpflicht durchsetzen und überwachen sowie Nicht-Einhaltung konsequent ahnden bundesweit einheitliche Bußgeldregelung”
    Soll der einzelne Schaffer dann Polizei spielen? Na danke auch, die tun mir dann leid…

    “klare Verantwortlichkeiten zum Umgang mit Reisenden festlegen, die per Attest von der Maskenpflicht befreit sind”
    Sry, das verstehe ich nicht

    “Desinfektionsspender an Ein- und Ausgängen der Züge anbringen mit Pflicht zur Händedesinfektion”
    Und anschließend fassen wir den Griff zum einsteigen an oder den Türöffner oder den Sitzversteller oder den Sonnenschutz …

    “verpflichtende Sitzplatzreservierung einführen, um eine konsequente Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen, die maximale Belegung zu kontrollieren und das Einhalten von Abständen zu gewährleisten”
    Bei Einzelreisenden bleibt dann der Nebensitz frei? Oder wo ist der Unterschied zwischen zweien, die ne Stunde nebeneinander sitzen und zweien, die ne Stunde im Türbereich nebeneinander stehen?

    Also irgendwie klingt das alles wenig durchdacht…

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