Der EU-Impfausweis soll spätestens am 1. Juni kommen – doch wie soll dieser eigentlich funktionieren?
Nach einem Jahr Corona steigt die Reiselust der Deutschen immer weiter. Diese Situation soll der neue EU-Impfausweis ändern und das Reisen zumindest innerhalb Europas wieder schnell und uneingeschränkt ermöglichen. Weiterhin sind jedoch Fragen zum Inhalt, der Funktionsweise und ob dieser tatsächlich EU-weit anerkannt wird, ungeklärt, wie die Tagesschau berichtet. Wir möchten Euch einen kleinen Überblick verschaffen.
“Digitales Grünes Zertifikat” kommt bis 1. Juni
Am gestrigen Mittwoch hat die EU-Kommission um Präsidentin Ursula von der Leyen erste Details zum neuen EU-Impfpass veröffentlicht. Dieser soll bis spätestens 1. Juni zur Verfügung stehen und das Reisen im Anschluss wieder uneingeschränkt ermöglichen – zumindest innerhalb der Europäischen Union und den Schengen-assoziierten Staaten. Doch viele schrecken beim Wort Impfausweis auf, da eine Impfpflicht durch die Hintertür vermutet oder die Relevanz des allgemein gültigen Impfausweises der WHO abgesprochen wird. Beides ist tatsächlich nicht der Fall. Während der Volksmund noch von einem Impfausweis redet, spricht die EU-Kommission bereits vom sogenannten “Digitalen Grünen Zertifikat”. Dabei soll es sich vielmehr um ein Gesundheitszertifikat in Bezug auf die aktuelle Corona-Pandemie handeln. Neben einer bereits erhaltenen Impfung sollen noch weitere Bestandteile aufgenommen werden, um das Reisen für alle EU-Bürger wieder schnell zu ermöglichen.

Vorteile ausschließlich für Geimpfte sollen dabei nicht entstehen. Das betont auch immer wieder Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie mahnt vor möglichen Vorteilen für bereits geimpfte Personen und zeigt sich generell eher skeptisch in Bezug auf den EU-Impfpass. Anders sieht das bei Parteikollegen und Regierungschefs anderer EU-Mitgliedsstaaten aus. Vor allem Länder, die stark vom Tourismus abhängig sind, forcieren die schnelle Umsetzung des EU-Impfpasses. Während Griechenland ebenfalls gewisse Vorteile für Geimpfte in Erwägung zieht, bereitet Bundeskanzler Sebastian Kurz in Österreich bereits entsprechende Gesetzesentwürfe vor. Auch hier bestehen noch Unklarheiten, ob eine entsprechende Grundlage ebenfalls von der EU selbst geschaffen werden muss.
Zählt nur ein Impfnachweis?
Erste Details zum Inhalt des neuen Gesundheitszertifikats der EU wurden gestern veröffentlicht. Bereits im Vorfeld war jedoch klar, dass nicht nur ein Impfnachweis entscheidend für die Reisefreiheit sein wird. Vielmehr sollen auch Testergebnisse darin hinterlegt und auf Nachfrage nachgewiesen werden können. Bereits jetzt fordern einige Länder bei Einreise ein negatives COVID-19 Testergebnis. Alter und Art des Tests werden individuell festgelegt, daran wird sich vermutlich auch nichts ändern. Das Ergebnis dieses Tests soll zukünftig auch im digitalen Zertifikat hinterlegt werden können.

Aber auch bereits infizierte Menschen sollen darüber einen Nachweis leisten können. Dafür soll ebenfalls ein COVID-19 Test fungieren, der ein positives Ergebnis anzeigt. Dieses wird mindestens 20 Tage alt sein müssen, um nachweisen zu können, dass die Infektion bereits überstanden wurde. Diese Nachweise sollen im neuen Zertifikat in Englisch und der jeweiligen Landessprache verfügbar sein.

Auch wenn die Rede von einem digitalen Zertifikat ist, so sollen nicht nur Personen mit Smartphone reisen dürfen. In jedem Fall wird ein QR-Code erzeugt, wie bereits bei den Einreiseanmeldungen in diversen Ländern, welcher beispielsweise bei Einreise gescannt werden kann. Dieser QR-Code kann in einer App oder einem Dokument auf dem Handy bereitgestellt werden kann, wird aber auch in ausgedruckter Form auf dem Papier verfügbar sein. Fälschungssicher sollen diese Codes übrigens auch mittels einer digitalen Signatur gemacht werden.
Wird das Reisen wieder uneingeschränkt möglich sein?
Uneinigkeit besteht vor allem weiterhin darin, was das neue Gesundheitszertifikat ermöglichen soll. Ursprünglich sollte dies in Anlehnung an den “Green Pass” in Israel aufgebaut werden. Dort dürfen aber nur bereits geimpfte Personen wieder in Bars und Restaurants sowie uneingeschränkt verreisen. Diesen Weg möchte man in der EU nicht gehen und ist deshalb auch namentlich von diesem Projekt abgewandert.

Grundsätzlich ist klar, dass die EU mit dem “Digitalen Grünen Zertifikat” lediglich eine Grundlage für den Reiseverkehr im kommenden Sommer schafft. Die Umsetzung und Akzeptanz liegt an den jeweiligen Mitgliedsstaaten. Durchaus möglich also, dass dieses Zertifikat nicht flächendeckend das uneingeschränkte Reisen wieder ermöglichen wird. Die Einreisebeschränkungen wird weiterhin jedes Land individuell festlegen. Das kann auch bedeuten, dass einige Länder die Grenzen für Reisende mit diesem Zertifikat gänzlich öffnen, andere beispielsweise nur Geimpfte einreisen lassen oder wieder andere die Landesgrenzen komplett geschlossen halten.
Wie realistisch vor allem die letzten beiden Fälle sind, ist aktuell schwer abschätzbar. Man geht eher davon aus, dass sich die Infektionszahlen in den Sommermonaten wieder auf ein vergleichbares Niveau zum Vorjahr bewegen werden. Hinzu kommt, dass mit dem zweiten Quartal EU-weit, aber vor allem auch in Deutschland, deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehen wird. All das könnte dafür sorgen, dass das Reisen tatsächlich wieder uneingeschränkt möglich sein wird.
Die Frage nach dem Impfstoff
Wichtig ist aktuell nicht nur, ob überhaupt Impfstoff zur Verfügung steht, sondern welcher verimpft wird. Nach aktuellem Stand hat die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA) bereits vier Impfstoffe zugelassen:
- BioNTech/Pfizer
- Johnson & Johnson
- Moderna
- AstraZeneca
Ein weiterer Impfstoff von CureVac befindet sich ebenfalls bereits in der Pipeline. Durchaus möglich, dass dieser bald ebenfalls in diese Liste aufgenommen wird. Dennoch sorgt momentan der Impfstoff von AstraZeneca für viel Aufregung, überwiegend wegen Nebenwirkungen die bei einer geringern Anzahl von über einer Million Geimpften eingetreten sind – selbst wenn der Zusammenhang weiterhin unklar ist. Viele Mitgliedsstaaten der EU, auch Deutschland, haben aber entschieden, das Impfen mit diesem Mittel vorerst auszusetzen.
Sicher wird auf jeden Fall sein, dass im neuen digitalen Impfzertifikat die von der EMA zugelassenen Impfstoffe überall akzeptiert werden. Darüber hinaus können die Mitgliedsstaaten individuell entscheiden, ob sie auch andere Impfstoffe zulassen. In Ungarn beispielsweise wird auch der russische Impfstoff Sputnik V geimpft.
Fazit zum neuen EU-Impfpass
Sicher ist bisher, dass der EU-Impfpass, beziehungsweise das “Digitale Grüne Zertifikat” spätestens zum 1. Juni kommen soll. Dabei handelt es sich nicht um eine Impfpflicht durch die Hintertür, Vorteile für Geimpfte werden ebenfalls nicht automatisch damit umgesetzt. Vielmehr sollen diverse Instrumenten genutzt werden, um das uneingeschränkte Reisen innerhalb der EU wieder bald zu ermöglichen. Die Umsetzung und die Akzeptanz sind jedoch von den einzelnen Mitgliedsstaaten abhängig. Durchaus möglich also, dass aktuelle Reisebeschränkungen so oder so ähnlich bestehen bleiben. Auch an der technischen Umsetzung könnte es noch anfangs hapern, da die Mitgliedsstaaten auch hierfür individuell zuständig sein werden.
Danke für die recht deutliche Aussage über die Form des Impfausweises! Viele Technikfreaks hätten ja am liebsten alles auf ihrem Smartphone – es sei ihnen unbenommen. Aber eine zweite Möglichkeit, unabhängig von Akku, Funknetz und App-Updates ist notwendig, und es ist gut, zu lesen, dass das auch so angedacht wird.
Findet ihr nicht, dass der angepasste Satz immer noch seltsam klingt: “… überwiegend wegen Nebenwirkungen die bei einer minimalen Masse von über einer Million Geimpften eingetreten sind”? Bei Personen von einer “minimalen Masse” zu sprechen ist doch sehr ungewöhnlich (sogar ein rhetorisches Oxymoron 😉 Besser wäre vielleicht hier den Begriff “geringe Anzahl” zu verwenden.
“Dennoch sorgt momentan der Impfstoff von AstraZeneca für viel Aufregung. Bei über einer Million Menschen, die bereits mit diesem Impfstoff geimpft wurden, sind Nebenwirkungen aufgetreten. Der Zusammenhang ist weiterhin unklar.”
Bitte nicht hier auch noch ! Von was für “über einer Million Nebenwirkungen” ist denn hier bitte die Rede? Kopfschmerzen und Fieber sind bei einem Vektorimpfstoff keine Nebenwirkungen sondern Wirkung, insofern ist hier auch der Zusammenhang keineswegs unklar. Bitte hier genauer differenzieren und nicht weiter völlig unnötig und unwissend Öl ins Feuer kippen…
Hallo Herr Dr. Markus Kraus, vielen Dank für das Feedback. Dann bitte auch nicht Fakten und Sätze durcheinander bringen. Wie richtig zitiert wurde, habe ich von über einer Million Menschen gesprochen, die geimpft wurden. Auch wenn der Satz missverstanden werden kann, habe ich davon gesprochen, dass bei diesen Menschen Nebenwirkungen aufgetreten sind – nach aktuellem Stand bei 13 Menschen. Von Kopfschmerzen und Fieber spricht auch keiner als Nebenwirkung. Vielmehr sind bei diesen Menschen jedoch Blutgerinnsel und Blutungen aufgetreten. Das ist kein “Öl ins Feuer kippen”, sondern nur die Erklärung dafür, warum auch in Deutschland mit dem Vakzin nicht mehr geimpft wird.
“Bei über einer Million Menschen, die bereits mit diesem Impfstoff geimpft wurden, sind Nebenwirkungen aufgetreten”….
Inwiefern kann an dieser Formulierung etwas missverstanden werden?
Das habe ich ja gerade erklärt. Während der Satz so verstanden werden kann, dass bei einer Million Menschen Nebenwirkungen aufgetreten sind, meine ich tatsächlich, dass bei den Menschen, die mit diesem Vakzin geimpft wurden, Nebenwirkungen aufgetreten sind. Wir haben den Satz aber angepasst, damit es nicht zu weiteren Missverständnissen kommt. Sonst gilt bereits meine Erklärung im ersten Kommentar.