Für viele Reisende in Deutschland ist die Bahn eines der größten Hassobjekte. Verspätete Züge, nachts in deutschen Kleinstädten stranden ohne guten Service von der Bahn und Klimaanlagen, die gerade im Sommer nicht gut funktionieren. Häufig ist dann die Alternative das Auto, mit dem man ja immer zuverlässiger am Ziel ankommt.

Einige Leser haben hier unter unseren Beiträgen sehr emotional gegen die Bahn argumentiert und auch innerhalb der reisetopia Redaktion sind wir nicht immer einer Meinung. Ich bin allerdings überzeugt davon, dass die Bahn in den meisten Fällen das bessere Verkehrsmittel ist und würde in so gut wie jedem Fall stattdessen auf das Auto verzichten. Insgesamt schließen sich auch fast alle Mitglieder unserer Redaktion dieser Meinung an – warum?

Verspätungen gibt es nicht nur bei der Bahn

Ich möchte es gar nicht unterschlagen: Viele Züge der Bahn sind verspätet. Bei meinen knapp 70 ICE-Fahrten im letzten Jahr war die Hälfte exakt pünktlich, ein Drittel hatten eine kleine Verspätung von bis zu 15 Minuten und bei den restlichen Fahrten gab es eine längere Verspätung bis zum Zugausfall oder einer mehr als doppelt so langen Fahrt.

Dies ist natürlich alles andere als schön. Aber sind wir mal ehrlich: Das gibt es im Auto genauso. Was bei der Bahn Gleisbauarbeiten, Personen auf dem Gleis und Signalstörungen sind, ist beim Auto ein Unfall, Baustellen und allgemein Stau. Und auch hier können sich die Verspätungen sehr ziehen und man steht einige Zeit bei Schritttempo irgendwo in der Mitte von Deutschland.

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Auch beim Autofahren gibt es häufig Verzögerungen

Vom reinen Gefühl würde ich sagen, dass gerade bei längeren Strecken ein Stau mindestens genauso häufig auftritt wie bei der Bahn eine Verspätung. Hier wird es nur häufig nicht wahrgenommen, weil es bei den meisten Autofahrern dazu gehört, einige Minuten länger unterwegs zu sein.

Wenn ich zudem einen langen Zug wie den ICE von Hamburg nach München gebucht habe, vertrete ich mir gerne zwischendurch die Beine und gehe ins Bordbistro. Das geht beim Auto fahren auch, verlängert die Fahrt aber deutlich. Der Zug fährt zumindest weiter, während ich etwas esse 😉

Zeit sinnvoller nutzen

Hier kommt für mich das Totschlagargument gegen das Auto: Ich kann die Zeit nutzen, wie ich es möchte. Klar kann ich im Auto Musik oder Audio-Bücher hören und über eine Freisprechanlage telefonieren, bei Fahrten von mehreren Stunden wird allerdings auch das eher eintönig.

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Beim Autofahren könnt Ihr die Zeit nicht flexibel nutzen

In der Bahn lese ich, gehe meine E-Mails durch, kann Artikel für reisetopia schreiben und allgemein Arbeit mit dem Laptop erledigen. Für mich ist Zeit im Zug auch Arbeitszeit und ich “verliere” keine Zeit, wie es bei langen Autofahrten der Fall ist. Auch wenn das WLAN auf einigen Strecken nicht gerade überragend funktioniert, reicht es meistens schon für die wichtigsten Aufgaben. Auf meiner Stammstrecke von Hamburg nach Hannover funktioniert zudem auch der mobile Hotspot mit super, sodass ich gar nicht auf das WLAN angewiesen bin.

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Wenn ich dann einige Stunden gearbeitet habe, kann ich im Zug auch einfach mal die Augen zu machen und mich entspannen. Das ist beim Auto fahren eher weniger empfehlenswert 😉 so komme ich nach langen Zugfahrten meist sehr entspannt am Ziel an, während ich beim Autofahren immer halbwegs aufmerksam sein muss.

Die Bahn ist nicht immer teurer

Natürlich sind die Preise für die Bahn nicht immer günstig. In vielen Fällen lassen sich allerdings Sparpreise oder die neuen Super Sparpreise buchen, womit man auch für einen guten Preis unterwegs sein kann. Damit ist die Bahn dann deutlich günstiger, als die Fahrt mit dem Auto.

Im letzten Jahr bin ich einige Dutzend Mal von Hamburg nach Braunschweig gefahren. Meistens habe ich den Sparpreis für 20 Euro pro Richtung gebucht. Durch die BahnCard 25 hat mich die Hin- und Rückfahrt damit 30 Euro gekostet, inklusive City-Ticket für die Fahrt zum Bahnhof in Hamburg und die Weiterfahrt in Braunschweig. Mit dem neuen Super Sparpreis fällt das City-Ticket weg, dennoch bleibt das Angebot weiterhin gut.

Bahn Super Sparpreis Ticket Hamburg Braunschweig

Mit dem Auto sind es laut Google Maps insgesamt 360 Kilometer für die Hin- und Rückfahrt. Bei einem normalen Spritverbrauch sind alleine die Kosten für Benzin hier ebenfalls bei knapp 30 Euro. Hierbei sind allerdings Versicherungen, Abnutzung etc. nicht mit eingerechnet, sodass die effektiven Kosten deutlich höher sind. Für längere Strecken gilt dies natürlich umso mehr.

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Die effektiven Kosten eines Autos sind häufig sehr hoch

Allerdings: Wer mit mehreren Erwachsenen unterwegs ist, der spart natürlich häufig bei der Fahrt mit dem Auto. Doch gerade für Alleinreisende oder Reisende mit Kindern, die bis zu einem bestimmten Alter kostenfrei mitreisen können, ist die Bahn um einiges günstiger.

Zeitliche Flexibilität gibt es nicht nur mit dem Auto

“Ich fahre lieber Auto, denn dann kann ich losfahren, wann ich möchte” – doch das geht auch mit der Bahn! Inzwischen buche ich bei meinen Pendel-Strecken eigentlich keine Sparpreise, sondern nur noch Flex-Tickets. Mit der BahnCard 50 sind diese nicht viel teurer (ich zahle 25 Euro pro Strecke statt 15 Euro), ich kann fahren wann ich will und buche die Tickets nicht selten erst auf dem Weg zum Hauptbahnhof.

Auf längeren Strecken ist mir dies meist egal, weil ich hier immer recht genau weiß, wann ich wo sein muss und die Zugfahrten gut planen kann. Hier kann ich dann auch den Sparpreis in der 1. Klasse buchen, der mit etwas Vorausbuchung gut bezahlbar ist.

DB Bahn ICE 4 1. Klasse
In der 1. Klasse reist es sich nochmal angenehmer

Hier hat man natürlich Pech, wenn es auf der gewünschten Strecke nur alle paar Stunden einen Zug gibt. Doch bei allen Strecken auf denen ich regelmäßig unterwegs bin, fährt mindestens ein ICE die Stunde und erlaubt mir damit ein sehr flexibles Reisen.

Zudem: Bei meinen Urlaubsreisen mit der Familie sind wir häufig mit dem Auto gefahren bei sehr langen Strecken. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir dafür dann morgens um 5 Uhr starten mussten, um möglichst staufrei über die Autobahn zu kommen. Darauf muss man mit dem Zug zum Glück nicht achten.

Schneller am Ziel ankommen

Zu guter letzt ist die Bahn auf den meisten Strecken einfach deutlich schneller als das Auto. Klar, wer von einer Kleinstadt an der Ostsee nach Hamburg möchte hat die Wahl zwischen dem Auto oder mehreren Regionalzügen mit nervigen Umstiegen. Doch ein typischer Fall für mich ist die Fahrt von Hamburg nach Frankfurt, wo ich zwischen Auto, Bahn und Flugzeug wählen kann.

Mit der Bahn brauche ich eine halbe Stunde bis zum Hauptbahnhof, dann 3:40 Stunden bis nach Frankfurt und dann meistens nochmal 30 Minuten in Frankfurt. Somit bin ich insgesamt 4:40 Stunden unterwegs von Tür zu Tür.

Beim Fliegen brauche ich eine halbe Stunde zum Flughafen, muss 45 Minuten vor Abflug ankommen, fliege dann knapp eine Stunde und brauche nochmal 45 Minuten in Frankfurt bis zum Ziel. Tür zu Tür bin ich hier knapp drei Stunden unterwegs, was natürlich deutlich schneller als die Fahrt mit dem Zug ist. Doch dafür ist der Preis meistens deutlich höher und ich kann die Reisezeit lange nicht so gut nutzen, da Boarding etc. trotz Priority zeitaufwendiger als bei der Bahn ist.

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Das Flugzeug ist nicht viel schneller als die Bahn

Mit dem Auto brauche ich knapp 6 Stunden und bin 500 Kilometer unterwegs. Das ist nicht nur deutlich länger, es ist effektiv auch deutlich teurer als die Bahn. Zumal die Bahn gegenüber dem Flugzeug auch immer dann noch besser abschneidet, wenn Ihr im Zentrum einer Metropole wohnt und auch Eure Termine am Ziel eher im Zentrum stattfinden.

Warum reisetopia lieber Bahn als Auto fährt – Fazit

Natürlich sind dies alles Punkte, die jeder für sich anders interpretieren kann. Häufig argumentieren die Auto-Liebhaber nur komplett einseitig und unterstellen der Bahn, dass es nur hier Verspätungen und Probleme gibt. Für mich ist das Ergebnis ganz klar: Ich fahre bis auf ganz wenige Ausnahmen immer mit der Bahn und verzichte auf ein Auto.

Wie seht Ihr das? Warum entscheidet Ihr Euch für oder gegen die Bahn?

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Autor

Seit Moritz herausgefunden hat, wie man Wege an eigentlich unerreichbare Ziele finden kann, ist er immer auf der Suche nach neuen, kreativen Methoden zum Erreichen von Reisezielen und Airline-Status. Auf reisetopia lässt er Euch daran teilhaben!

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  • Hallo Moritz, danke für Deinen Kommentar. Du hast natürlich recht: Auch ich habe schon bessere, entspanntere Fahrten erlebt. Und das Bahnpersonal hat es sicher auch nicht immer leicht. Ich schrieb das gestern noch unter dem direkten negativen Eindruck. Es kommt eben immer auch auf die eigene Tagesform an. Und die schien am Mittwoch nicht ganz so optimal, siehe meine vielen Tippfehler 🙂 Klar bekommt die Bahn noch eine Chance!

  • Am Mittwochmorgen hätte ich nach den in letzter Zeit so heftigen Reaktionen auf das aktuelle DB-Chaos beinahe noch eine Lobeshymne auf das Unternehmen gesungen …
    ICE Karlsruhe-Kiehl war einigermassen pünktlich, auf dem Abschnitt Erfurt-Berlin gar erträglich, im Ruhebereich 1. Klasse dann auch wirklich einmal Ruhe und somit war ein recht entspanntes Reisen auch tatsächlich möglich. Es war Mittwochmorgen, sowieso eher einer der wohl ruhigeren Tage. Dennoch wirkte das Personal an Bord schon am frühen Morgen genervt, schlechtgelaunt und unwillig.
    Warum nur muss ich als sehr gut zahlender Gast ohne jegliche Sonderwünsche das ertragen?

    Die Rückreise am Abend Richtung München bzw. Frankfurt am Main war dann wie gewohnt beinahe die Hölle: Dauertelefonierende Wichtighuber selbst im Ruhebereich der 1. Klasse, schlechter bzw. überhaupt nicht vorhandender Service, fast ausverkauftes Bordrestaurant und ab Erfurt dazu noch angeschwipste, enthemmt heimreisende Weihnachtsmarktbesucher …

    Da nutzt auch der beste NoiceCancellingKopfhörer wenig, da möchte ich all mein Umweltengagement sofort über den Haufen werfen und viel liebergg allein im Dauerstau irgendwo in meinem Auto sitzen ?

    • Hallo Matthias, ich kriege das tatsächlich auch mitten unter der nächsten Beraterkonferenz im ICE immer ganz gut hin, mich auszublenden und einfach selbst mit Noise-Cancelling und Musik zu arbeiten. Klar, es gibt auch wirklich nervige Fahrten, im Großen und Ganzen verhalten sich meine Mitreisenden aber durchaus angemessen.

      Das Personal wiederum ist sicherlich 50/50, aber auch hier hatte ich zuletzt ehrlich gesagt bessere Erfahrungen, als noch vor ein oder zwei Jahren. Es tut sich da definitiv etwas 🙂

  • Ich bin beim Führerscheinkurs auch durchgefallen 😉 Ich stimme eurer Meinung vollgommen zu. Mit dem derzeitigen Dieselskandal sollte man diese Betrügerfirmen nicht unterstüdzen. Reisedopia und ich fahre bahn.

  • Ab zwei Personen bzw. bei spontanen Fahrten ist das Auto eh immer der klare Favorit. Was Du in Deinem Beitrag auch null berücksichtigst: Dienste wie Blablacar, die einem mehr oder weniger eine kostenneutrale Fahrt bzw. teils sogar eine gewinnbringende Fahrt durch die Mitnahme anderer ermöglichen können.

  • Ich nutze mittlerweile häufiger die Bahn, vorallem wenn ich wie du sagst ins Zentrum einer Großstadt muss und der Preis gut ist.

    Aber, für meinen Weg zur Arbeit zb benötige ich ein Auto, da es keine gute Zugverbindung oder Busse gibt. D.h. ich zahle Versicherung usw. sowieso fürs Auto. Ich bin auch häufig nicht alleine unterwegs sondern mindestens zu Zweit. Auch hier sind dann die Kosten für eine Zugfahrt oft teurer. Eine Bahncard lohnt sich dadurch für mich nicht, da diese ja auch nicht gerade günstig ist (außer viell. Probebahncard, die aber nur befristet gültig ist).

    Was ich öfter nutze als früher ist, dass ich zu Sportveranstaltungen mit der Bahn fahre, da der Preis dort im Ticket schon inklusive ist und mittlerweile mein Dorf zum erweiterten Verkehrsverbund gehört. Somit kostet mich hier die Anreise nichts, das ist wirklich unschlagbar. Und ich benötige nicht mehr Zeit als mit dem Auto das finde ich super.
    Das einzige Problem ist wenn ein Spiel abends stattfindet, da ab einer gewissen Uhrzeit keine Züge mehr zurück fahren.

    Also, in vielen Bereichen hast du Recht, aber gerade wenn die Anbindung eher schlecht ist, wie auf dem Land oder man mehrere Orte hintereinander besuche möchte ist das Auto oft die bessere Wahl, gerade wenn man einige Mitfahrer hat und flexibel sein möchte.
    Dennoch interessanter Artikel, vielen Dank dafür.

  • Meiner Meinung nach hast du zwei Punkte vergessen.
    Erstens: Man kann immer auf die Toilette gehen, dass für mich sehr angenehm ist, wenn man immer auf die Toilette gehen kann und nicht mehrere Stunden im Reisebus, (Abschlussfahrt, deswegen waren die Toiletten geschlossen) mit einer vollen Blase sitzen muss und die Zeit sich, mit Hilfe eines Staus, verlängern kann.
    Zweitens: Kann man jederzeit etwas essen, ohne dazu extra auf die Raststätte zu fahren und wenn man lecker im Zug essen will, kann man sich in das Bordrestaurant/Bordbistro setzen und gemütlich essen.
    Und als kleine Anmerkung. Es ist ein großer Luxus, wenn man während einer Nachtfahrt, in einem Bus zwischen zwei und vier Uhr, der durch Österreich nur auf Landstraßen fährt, nicht sitzen zu müssen, da dies kein Vergnügen ist und nach eigener Erfahrung, auf meiner Abschlussfahrt, viele während dieser Zeit nicht schlafen konnten und sich sogar jemand übergeben musste.

  • Hi Severin, ich stimme mit Dir in vielen Punkten überein.

    Ein Punkt, der bei diesen Betrachtungen allerdings überhaupt nicht erwähnt wurde ist die Tatsache, dass ich mir in meinem Auto die Mitfahrer aussuchen kann, nicht aber in der Bahn, wo mitunter Gestalten zu finden sind, die ich ansonsten eher meiden würde.

    Man denke nur an die Messerattacke im Zug nach Flensburg im Mai dieses Jahres (https://www.welt.de/vermischtes/article176834087/Flensburg-Messerattacke-in-Zug-Polizistin-erschiesst-Angreifer.html).

    Sicher ist so etwas eine Ausnahme, aber die Annahme, dass gewalttätige Auseinandersetzungen in unserer Gesellschaft zunehmen (werden), mag sicherlich nicht gänzlich unbegründet sein.

    Im eigenen Auto hat man durch die Karosserie halt immer noch einen gewissen Schutz… Sorry.

  • Ich bin vor etwas mehr als einem Jahr zum überzeugten Bahnfahrer mutiert. Ausschlaggebend war das Jubiläumsangebot der BahnCard, da hab ich mir die BC 25 1. Klasse für 50€ geholt und die Einsicht, dass Auto fahren (wenn man ehrlich zu sich selbst ist) verdammt teuer ist.
    Ich habe dann angefangen, Elternbesuche nach Bayern, die ich sonst immer mit dem Auto gefahren bin, zu verlegen. Und was soll ich sagen. Fast gleiche Fahrtzeit, total entspannt und viel günstiger. Seitdem verlagere ich soviel Fahrerei wie möglich auf die Schiene, die BC 25 habe ich natürlich verlängert.
    Der Bahn Comfort Status ist dann noch ein nettes Zuckerl, besonders weil ich einen Airline-Status so vermutlich nie haben werde.

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